: Bangen um den Blechcontainer
Geplante Schließung von Wohnunterkünften versetzt Flüchtlinge in Angst. Helfer berichten von „Panik und Depression“. Der Sozialbehörde werfen sie vor, Bewohner über ihr Schicksal im Dunkeln zu lassen. GAL-Opposition fordert Wohnungen
von EVA WEIKERT
„Die Panik ist groß“, warnt Fanny Dethloff. Die Flüchtlingsbeauftragte der Nordelbischen Kirche sorgt sich um die rund 3.000 BewohnerInnen von 16 Hamburger Flüchtlingsunterkünften, welche nach dem Willen des Rechts-Senats abgeschafft werden. Weil die Sozialbehörde die Bewohner nicht über deren Verbleib aufkläre, befürchten viele die Abschiebung, wie Dethloff berichtet: „Die sind verzweifelt.“ Andere Helfer warnen, durch die Verteilung auf andere Einrichtungen würden soziale Bindungen gekappt.
Die grüne Migrationspolitikerin Antje Möller argwöhnt Populismus als Grund für den Containerabbau und will mit einer Anfrage an den Senat die Schließungskriterien erfahren. „Das Problem ist jedoch“, beklagt Möller, „dass die Behörde sich nicht bemüht, die Menschen in Wohnungen zu vermitteln.“
Die Sozialbehörde will in den nächsten zwei Jahren 3.398 Wohnheimplätze abbauen. „Wegen der rückläufigen Flüchtlingszahlen ist der Bedarf gesunken“, begründet Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) die Schließungen und hebt hervor, der Abbau werde neun Millionen Euro einsparen. Conny Gunßer vom Hamburger Flüchtlingsrat rügt, Grund der sinkenden Flüchtlingszahlen sei die rigide Abschiebepolitik des Senats. Seit die Innenbehörde das zentrale Aufnahmelager, das Schiff „Bibby Altona“, übernommen hat, fungiere dieses zugleich als „Ausreiselager“. Die Helferin konstatiert: „Da braucht man in der Stadt weniger Wohnplätze.“
Dabei räumt Gunßer ein, dass „manche Einrichtungen zu nichts als dem Abriss taugen“. Das sieht auch Heike Essayie so, die ehrenamtlich Flüchtlinge im Containerdorf an der Harksheider Straße in Langenhorn betreut. Obgleich Essayie die Unterkunft für „eine der miesesten“ hält, beunruhigt sie deren geplante Schließung. Denn mit dem Zwangsumzug würden die Menschen aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen und „soziale Strukturen zerstört“. Weil die Bewohner bisher nicht offiziell über die Schließung und das Umzugsziel informiert wurden, seien sie „zutiefst verunsichert“.
Die Sozialbehörde lässt den Vorwurf, die Betroffenen im Dunkeln zu lassen, nicht gelten. Die Einrichtungsleitungen würden schriftlich informiert, sobald die Daten der Schließungen feststehen, versichert Sprecher Oliver Kreßmann: „Danach besprechen Sozialarbeiter das mit den Flüchtlingen.“
Beim Träger „pflegen & wohnen“ betreut jeweils ein Sozialarbeiter 175 Leute. „Das sind viel zu wenige Helfer“, beklagt Dethloff. Für die Bewohner der abzubauenden Heime gebe es „überhaupt keine Beratung und Information“. Gerade unter den Afghanen, deren systematische Abschiebung die Innenbehörde angekündigt hat, herrsche „Panik und Depression“. Dethloff ist sich sicher: „Die Angst ist vom Senat gewollt, um die Leute aus dem Land zu treiben.“
Die GAL will jetzt durch eine kleine Anfrage an den Senat herausfinden, nach welchen Kriterien die zu schließenden Unterkünfte von der Behörde ausgewählt wurden. Denn unter den 16 seien auch solche wie etwa die Anlage am Hemmingstedter Weg in Klein Flottbek, deren „Wohnqualität keinen Grund für einen Abriss hergebe“, wundert sich GALierin Möller. Sie vermutet: „Da macht das Umfeld Druck.“
Zugleich fordert sie den Senat auf, genügend Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Möller zufolge warten derzeit mehr als 3.000 von ihnen mit einem Dringlichkeitsschein auf eigene vier Wände.