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Archiv-Artikel

Asiatische Harmonie für Powell

Der US-Außenminister und Chinas Regierung betonen die gemeinsamen Interessen

PEKING taz ■ Seit wann sind Ostasienreisen für US-Außenminister harmonischer als Westeuropatouren? Seit Schröder mit Mao die Rollen getauscht hat: „Dadurch, dass der USA-Imperialismus überall Willkür- und Gewalttaten begeht, macht er sich selbst zum Feind der Völker der Welt, bringt er sich selbst in immer größere Isolierung“, sagte Mao Tse-tung vor 45 Jahren. So ähnlich denkt derzeit der deutsche Kanzler. Doch in Peking würde heute kein KP-Führer auch nur im Traum auf die Gedanken des Großen Steuermanns zurückkommen.

Also war es kein Wunder, dass sich Colin Powell nach Gesprächen mit der neuen und alten Parteiführung in Peking gestern über die amerikanischen Beziehungen zu China freute, die seiner Meinung „wirklich ein neues Niveau erreicht haben“. Hätte er nicht noch zum Ende Chinas Menschenrechtsverletzungen kritisiert, hätte man den Eindruck gehabt, die USA und China seien nicht mehr „strategische Rivalen“, wie es vor dem 11. September in Washington offiziell hieß, sondern nur noch neue Partner im Kampf gegen die „Achse des Bösen“. Den ganzen Tag sprach Powell in Peking nur über Irak und Nordkorea. Zwar war von „unterschiedlichen Herangehensweisen“, aber vor allem auch von „gemeinsamen Interessen“ die Rede. Keines von Chinas Staatsmedien kritisierte an diesem Tag die US-Politik.

„Ich denke, die Chinesen ziehen es vor, ihre Rolle im Stillen zu spielen, aber sie haben ein klares Verständnis unserer Wünsche und Interessen“, fasste Powell das neue Einverständnis zusammen. Er kündigte gar diplomatische Initiativen Chinas im Konflikt um Nordkoreas Atomprogramm an, die er „nicht öffentlich erörtern dürfe“.

Tags zuvor hatte sich Powell in Tokio bereits der Unterstützung Japans versichert. Heute wird ihn Südkoreas neuer Präsident, der seit seiner Wahl im Dezember bereits viel Kreide gefressen hat, hofieren. So wird es Tokio, Peking und Seoul am Ende der Reise Powells gelungen sein, allen öffentlichen Konfliktstoff mit den USA in Sachen Irak und Nordkorea auszuräumen. Obwohl noch kein Problem gelöst ist, erscheinen plötzlich die transpazifischen Beziehungen der USA einfacher handhabbar als die transatlantischen. Dabei gibt es auch in Japan, China und Südkorea große Bevölkerungsmehrheiten gegen US-Militärabenteuer. Und Tokio, Peking und Seoul wünschen direkte Verhandlungen zwischen den USA und Nordkorea, die Washington ablehnt. Derzeit liegt über allem ein Mantel pazifischer Harmonie. „Das Feuer am gegenüberliegenden Fluss beobachten“ lautet eine alte, aufs Hinhalten zielende chinesische Kriegslist. So vermeiden Tokio, Peking und Seoul jeden Streit mit den USA, bevor der Countdown im Golf nicht stattgefunden hat. GEORG BLUME

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