Geheime Kommandosache Bahn
: KOMMENTAR VON KLAUS HILLENBRAND

Die Bahn fährt mal wieder nicht. Ist das noch eine neue Nachricht oder schon ein in unschöner Regelmäßigkeit von Millionen Kunden erlittener Alltag? Muss man sich noch darüber aufregen? Oder sollten wir nicht besser schweigend diese Unbill ertragen, in stiller Erkenntnis, dass Eisenbahnreisen eben eine komplizierte Sache sind, ganz besonders kompliziert aber in Deutschland?

Doch, Aufregen lohnt sich, und das nicht nur zum Abbau von Stresshormonen. Denn die Deutsche Bahn AG leidet in erster Linie nicht an fehlerhaften Achsen in ihren ICE-Zügen, sondern an einem Kommunikationsverhalten gegenüber der Öffentlichkeit, das mit dem Begriff „geheime Kommandosache“ nur unzureichend beschrieben werden kann. Bahnchef Hartmut Mehdorns Taktik lautet „Vernebeln, verschweigen, schönreden“.

Ginge es beim ICE nur um ein technisches Problem und um höchstmögliche Sicherheit, der Bahn wäre eine breite Solidarität gewiss. Doch so ist es ja nicht: Die Bahn musste erst vom Eisenbahnbundesamt zur Achsenkontrolle gezwungen werden. Und bis zum gestrigen Nachmittag blieb vollkommen unklar, warum genau die ICE-Züge erneut kontrolliert werden müssen, war genau das doch bereits vor 14 Tagen schon einmal geschehen. Die Bahn-Sprecher sind abgetaucht und kommunizieren in Presseerklärungen. Nachfragen nicht erwünscht. Und Schuld haben mal wieder die anderen, in diesem Fall die Hersteller der vermaledeiten Achsen. Das mag sogar so sein. Aber wir mögen es nicht mehr glauben.

Am heutigen Montag wäre die Deutsche Bahn AG an die Börse gekommen. Für diese verkehrswirtschaftliche Großtat hätten die Bahn-Manager einen hübschen Millionenbonus einstreichen dürfen. Vorteile dieser Privatisierung für den Kunden sind bisher nicht bekannt. Glücklicherweise kam eine Weltfinanzkrise dazwischen. Ob der Bahn-Börsengang bis zur nächsten Bundestagswahl noch nachgeholt werden kann, ist höchst ungewiss. Sollte er aber ausfallen, wären auch Mehdorns Tage als Bahnchef gezählt.

So hat die Krise wenigstens noch etwas Gutes. Eine klitzekleine Freude, während wir auf den Zug warten. Und warten. Und warten.