Empörung an Humboldt-Uni

Die Studenten fühlen sich hintergangen, nachdem eine führende Kraft des Kompromiss-Forums als hochrangiges JU-Mitglied geoutet wurde. Wird die Entscheidung für Streikabbruch nun revidiert?

VON ANNA LEHMANN

Empörung herrscht bei den Studenten der Humboldt-Universität, seit bekannt wurde, dass die Initiatorin des angeblich überparteilichen Kompromiss-Forums, Astrid Jantz, in der Berliner CDU und der Jungen Union führende Ämter bekleidet.

Am Montag hatte die Vollversammlung für Streikabbruch gestimmt. Dafür hatte sich unter anderem das „Kompromiss-Forum“ stark gemacht. Was die Studenten nicht wussten: Die Initiatorin dieser angeblich überparteilichen Gruppe, Astrid Jantz, ist Mitglied des CDU-Landesvorstands. Dies erwähnte Jantz in der Vollversammlung nicht. Gegenüber der taz nannte sie sich anschließend gar mit einem falschen Namen.

Größer kopierte Zeitungsartikel lagen gestern vor dem Audimax aus, hingen unübersehbar an der Pressewand und gingen im Studentencafé „Krähenfuß“ von Hand zu Hand. Franziska Roy vom Streikrat findet die Angelegenheit vor allem ärgerlich, aber nicht überraschend. „Das Kompromiss-Forum war ein Phantomforum, sie haben sich nie an Arbeitsgruppen beteiligt.“ Das einzige Ziel sei es gewesen, die Studentenschaft gegen den Streik einzunehmen.

In der Abstimmung am Montag hatten die Studenten den Begriff „Streik“ aufgegeben, waren allerdings nicht dem Vorschlag des Forums gefolgt, nur noch einen Protesttag in der Woche zu veranstalten. Jörg Pache von der Vorbereitungsgruppe der Vollversammlung sieht keinen Grund, die Abstimmung zu wiederholen. Es sei schließlich nicht illegal, Parteiämter zu verschweigen. Grundsätzlich habe jeder eingeschriebene Student das Recht, auf der Vollversammlung zu sprechen, und müsse sich dafür nicht ausweisen. Also könne Astrid Jantz auch auf der nächsten Vollversammlung am 26. Januar das Wort ergreifen. „Aber es kommt einer Verarschung gleich, wenn man sich als unabhängig ausgibt und im Landesvorstand der CDU sitzt.“

Die meisten Studenten, so Pache, seien misstrauisch gegen das Kompromiss-Forum gewesen: „Diese Leute tauchten irgendwann auf, und keiner wusste, woher sie kamen.“ Tiefgründige Informationen zu ihren Vorstellungen von Protest gaben die Mitglieder der Forums nicht, Einladungen des Streikrats ignorierten sie. „Wir haben ihre Wirkung überschätzt“, glaubt Jörg Pache, „aber sie waren eigentlich die einzige Gruppe, die einen breit propagierten Gegenvorschlag zum Streik hatte.“

Die Streikenden erfuhren am Montag von diesem Gegenvorschlag erst, als ihnen im ganzen Hauptgebäude Plakate entgegensprangen. Außerdem verteilte das Forum großzügig Flugblätter. „Ich möchte wissen, wer das finanziert hat, das waren ja Massen“, überlegt Pache nun. Astrid Jantz war gestern zu keinen Auskünften in dieser Angelegenheit bereit.

Wird die Besetzung der HU wieder aufflammen, nachdem der politische Hintergrund der Initiatorin des Kompromiss-Forum bekannt wurde? Die meisten Aktivisten sind skeptisch. Auch Pache glaubt das nicht.

Selbst die Entscheidungen an TU und FU für die Fortsetzung des Streiks hätten wenig Einfluss. Viel zugkräftiger als inhaltsleere Forderungen eines ominösen Forums seien massive Drohungen von Dozenten, den Studenten das Semester nicht anzuerkennen.