: Wohnen zwischen Wassern
Plan zur Bebauung des Stadtwerder sieht 350 Wohnungen zwischen großer und kleiner Weser vor. Herzstück: der alte Wasserturm. Kritik von Verbänden: Mit der Trinkwassergewinnung ist dann Essig
taz ■ Es könnte fraglos eins der schönsten Wohngebiete Bremens werden. Zwischen Weser und kleiner Weser und mit einem identitätsstiftenden Wahrzeichen im Herzen ist der Stadtwerder seit Jahren ein Thema für die Fans der „Stadt am Fluss“. Das Wahrzeichen ist der fast 130 Jahre alte Wasserturm, im Volksmund „Umgedrehte Kommode“, der längt nicht mehr in Gebrauch ist, aber unter Denkmalschutz steht. Gestern stimmte die Baudeputation einem Entwurf für die Bebauung des insgesamt fast 20 Hektar großen Sahnestücks auf der Neustädter Weserseite zu.
350 Wohnungen, größtenteils in mehrstöckigen Wohnhäusern, zu einem Fünftel aber auch in Reihenhäusern, sollen dort entstehen. Im Zentrum liegt der alte Wasserturm, um ihn herum sind „50 Einheiten aus dem Büro- und Dienstleistungsbereich“ geplant, so die Vorlage. Ob der Entwurf, der gestern präsentiert wurde, tatsächlich zum Tragen kommt, hängt nicht zuletzt vom örtlichen Strom- und Wasserlieferanten, der swb AG ab. Ihr gehört das heute noch eingezäunte Gelände mitsamt dem antiken Wasserturm. „Auch wir wünschen uns dort eine qualitativ hochwertige Nutzung“, versichert deren Sprecherin Marlene Odenbach. Stadtgemeinde und swb wollen sich deshalb jetzt auf einen städtebaulichen Vertrag einigen, den künftige Investoren unterschreiben müssen. Zu den Auflagen sollen nach den Ideen des Bauressorts ein Wettbewerb zur baulichen Gestaltung gehören, aber auch Absprachen über die öffentlichen Grünflächen. Laut swb gibt es über das Verfahren keinen Dissens, auch inhaltlich sei man sich mit der Stadt einig.
Gleiches gilt für die denkmalgeschützte „Kommode“, die nach einem Beschluss des Neustädter Beirats mindestens teilweise öffentlich nutzbar sein soll. In der Vorlage für die Abgeordneten ist von „konkreten Verhandlungen“ die Rede, die die swb gemeinsam mit dem Amt für Stadtplanung führe. „Eine teil-öffentliche Nutzung ist dabei unverzichtbarer Bestandteil“, heißt es.
Die Bebauung des Stadtwerder könnte ein Paradebeispiel für die sogenannte Innenverdichtung werden: Anstatt weiter an den Rändern ins Grüne zu wuchern, sollen die Flächen in der Stadt besser genutzt werden. „Dieses Gebiet ist ein überregionales Wohnangebot und für Neubürger interessant“, schwärmt etwa Carsten Sieling, baupolitischer Sprecher der SPD. „Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass es auch ein Schmuckstück bleibt.“ Zeitdruck sei für ein solches Projekt Gift. Er plädiert dafür, sich mit der Wohnbebauung Zeit zu lassen, bis es für die Kommode eine Perspektive gibt.
Kritik an dem Projekt hagelt es von Natur- und Umweltschutzverbänden. Sie sorgen sich, dass mit der Bebauung des Stadtwerders die Möglichkeit, wieder Trinkwasser aus der Weser zu gewinnen, endgültig passé sei. Die swb AG bestreitet das. Auf 7.000 Quadratmetern, die der Bebauungsplan freihält, sei der Bau eines neuen Wasserwerks möglich. Und vom raumgreifenden Verfahren, das gewonnene Wasser durch den Boden zu filtern hätte die swb ohnehin nie Gebrauch gemacht. Die Verbände kritisieren außerdem, dass im Bauplanungs-Entwurf keine „verbindlichen Vorgaben für die Nutzung erneuerbarer Energien“ gemacht würden. Insgesamt dränge sich der Eindruck auf, „dass schon der Gedanke, man müsse in dieser Edelwohnanlage mit irgendetwas sparsam umgehen, auf jeden Fall vermieden werden muss“. Elke Heyduck