: CDU macht der Schwester Druck
CSU soll Neuschreibung des Einkommensteuerrechts akzeptieren. Angela Merkels Kompromiss: Steuerreform in Stufen und später. Rot-Grün gegen Steuersenkungen
BERLIN/LEIPZIG rtr/dpa ■ Die CDU hat im Steuerstreit mit der Schwesterpartei CSU Bedingungen für eine Einigung gestellt. Diese könne es nur geben, wenn sich die CSU dazu bereit erkläre, das Einkommensteuerrecht komplett abzuschaffen und neu zu schreiben, sagte CDU-Chefin Angela Merkel am Samstag. „Uns geht es nicht darum, am bestehenden Einkommensteuerrecht herumzudoktern.“
Zwar gab sich Merkel zuversichtlich, bis März mit der CSU eine Einigung auf ein gemeinsames Steuerkonzept zu erzielen. Inhaltlich blieb die CDU jedoch bei ihren Positionen. Sie beharrt neben einer Neufassung des geltenden Einkommensteuerrechts auch auf einem Stufentarif und lehnt einen linear-progressiven Steuerverlauf ab, den die CSU favorisiert.
Ein weiterer Streitpunkt zwischen CDU und CSU ist, wie stark bei einer großen Steuerreform Steuervergünstigungen gestrichen werden können. Die CDU ist für die weitgehende Abschaffung aller Ausnahmen. Die CSU will Vergünstigungen wie etwa die Pendlerpauschale erhalten und andere wie die Steuerfreiheit von Sonntags-, Schicht- und Nachtzuschlägen nur schrittweise abbauen und strebt deshalb höhere Steuersätze als die CDU an. So kündigte die Arbeitnehmerorganisation der CSU (CSA) eine Verfassungsklage an, falls die Pendlerpauschale abgeschafft würde.
Als möglichen Kompromiss bot Merkel an, eine große Steuerreform in Stufen in Kraft zu setzen. Damit will die CDU verhindern, dass die öffentlichen Haushalte zu stark belastet werden. Dies ist die wesentliche Kritik der CSU am Modell der CDU. Merkel ließ zudem erkennen, dass die Steuerreform zu einem späteren Datum als dem 1. Januar 2005 in Kraft treten könne.
Unterdessen erteilte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering Steuersenkungen im Rahmen einer Steuerreform eine deutliche Absage. Angesichts der geplanten Investitionen in Bildung und Forschung werde die rot-grüne Koalition nicht zulassen, dass durch weitere Steuersenkungen Geld für diese Bereiche weggenommen werde, so Müntefering am Samstag nach gemeinsamen Beratungen mit dem Grünen-Fraktionsvorstand in Leipzig. Müntefering und Grünen-Fraktionssprecherin Krista Sager bekräftigten, vor Verhandlungen über eine große Steuerreform müsse es von der Unionsseite erst einen eigenen Gesetzentwurf im Bundesrat geben. „Ich bin gespannt, wie viele Entwürfe es werden“, sagte Müntefering unter Anspielung auf den unionsinternen Steuerzwist.
Hinsichtlich eines fertigen Gesetzesentwurfs scheint die FDP der Union nun zuvorzukommen. Sie wird laut ihrem Chef Guido Westerwelle heute einen eigenen Entwurf für ein Steuergesetz vorlegen. Dieser sehe niedrigere und fairere Steuersätze von 15, 25 und 35 Prozent sowie das Streichen nahezu aller Ausnahmetatbestände vor, so Westerwelle gestern.