: „Wir werden den Irak nicht angreifen“
Der US-amerikanische Präsident George W. Bush über die Bedrohung durch Saddam Hussein, Landkarten und Beweise
Immer lauter tickt die Sanduhr, die die USA der UNO und dem Irak gestellt haben, und der Friede läuft allmählich ab. „The Master of the Universe“ G. W. Bush gegen „Mister Irak“ S. Hussein, Gut gegen Böse: Kurz vor dem Anpfiff zwischen den beiden Kampfhähnen – und noch kürzer nach Dan Rather –sprach die Wahrheit exklusiv mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten. Das Interview wurde selbstverständlich an einem geheimen Ort geführt.
taz: Mr. President, wann greifen Sie an?
George W. Bush: Oh, ich kann Ihnen sagen, dass wir den Irak nicht angreifen werden.
Und wann werden Sie nicht angreifen, Mr. President?
Sobald die nächste UNO-Resolution mehrheitlich angenommen oder abgelehnt ist, werden wir im Auftrag der Völkergemeinschaft beginnen, uns gegen den Irak zu verteidigen.
Was treibt Sie in diesen Krieg? Von den Massenvernichtungswaffen des Irak fehlt doch jede Spur. Da wird erst behauptet, der Irak züchte Kampfbazillen, dann heißt es, sie seien bisher nur übersehen worden, weil sie groß wie Beduinenzelte seien, und dann ergibt eine Inspektion vor Ort, dass es sich tatsächlich um Beduinenzelte handelt. Gibt es überhaupt etwas, dessen man den Irak entwaffnen könnte?
Aber sicher. Es genügt ein wenig Fantasie, um sich eine hinreichende Vorstellung von der Bedrohung des Globus durch den Irak zu machen. Und schauen Sie, schon ein Blick auf eine Landkarte des Irak belegt doch die Aufrüstung: Wo, wenn nicht im Irak, soll die irakische Aufrüstung denn stattfinden?
Bislang wurden im Irak keine ABC-Waffen entdeckt.
Das beweist, dass der Irak sie gut versteckt hat!
Es gibt auch keine Hinweise auf eine Verbindung des Irak mit al-Qaida.
Das zeigt, dass der Irak diese Verbindung verheimlicht.
Mr. President Bush! Verfügen Sie vielleicht über vertrauliche Dossiers, mit denen Sie die Existenz Ihrer Argumente belegen können?
Ich verfüge über Informationen, die imstande sind, jedem Menschen vor Grauen das Hirn in Abfall zu verwandeln. Mir liegen Agentenberichte über Saddams geheimste Wünsche vor, die er noch niemandem gestanden hat und die einwandfrei erkennen lassen, dass dieser Mann zu allem entschlossen ist und die USA am liebsten in ein riesiges Kuskus verwandeln würde, wenn er nur könnte! Oder stellen Sie sich geheime Konstruktionspläne vor, von denen Saddam träumt und die den Irak befähigten, einen gigantischen Arsch im Weltraum zu stationieren und die USA zuzuscheißen. Wer sich so etwas ausdenkt, ist doch krank!
Jede Einzelne dieser Möglichkeiten ist barer Unsinn.
Aber zusammen sind sie der endgültige Beweis für Saddams Willen, die freie Welt zu vernichten. Und ich weiß, was ich weiß. Zum Beispiel dass Saddam, anders als die internationale Staaten- und Wertegemeinschaft, seit Jahren keinen Krieg geführt hat – da muss doch selbst Ihnen der Verdacht kommen, der Irak setze sich nicht aktiv für den Weltfrieden ein. Und vergessen Sie nicht, dass der Irak bis heute die UNO-Resolution 1441 nicht erfüllt hat und sich dem Feldzug gegen den Irak partout nicht anschließt.
Geht es nicht in Wahrheit um Öl? Schon Kissinger sagte: „Erdöl ist zu wichtig, als dass man es jenen überlassen könnte, denen es gehört.“
Es geht nicht um Öl. Glauben Sie mir, und mit „mir“ meine ich immerhin mich, den Präsidenten der USA: Es geht um Frieden, um Freiheit, um Menschenrechte. Ich bin ein ehrlicher Mann. Wenn ich wirklich einen Vorwand bräuchte, um gegen den Irak Krieg zu führen, so würde ich es offen sagen!
Mr. Bush, Sie gelten als religiös. Wie können Sie diesen Krieg mit ihrem christlichen Glauben vereinbaren?
Ich bekenne mich gern dazu, Jesus anzubeten. Wissen Sie, Jesus gibt mir, einem schwachen Menschen, Stärke und Zuversicht. Schon als Gouverneur in Texas! Glauben Sie mir, ohne Jesus hätte ich nicht die Kraft aufgebracht, all diese Leute in den Todeszellen ihrer Bestimmung zuzuführen.
Betrachten Sie den Rest der Welt als ein vergrößertes Texas?
Als mich im Spätherbst 2000 fünf Richter des Obersten Gerichtshofes zum Präsidenten der USA wählten, hatte ich vor, die internationalen Verpflichtungen Amerikas zu ignorieren und mich während meiner Amtszeit allein den inneren Problemen der USA zu widmen. Doch leider musste ich am 11. September 2001 erfahren, dass es das Ausland wirklich gibt.
Es scheint, nachdem die Sowjetunion sich von der großen internationalen Bühne verabschiedet hat, bleibt als einziger globaler Gegenspieler der USA die ganze Welt übrig. Wann ist ein Ende Ihres Kreuzzugs in Sicht?
Wir – und damit meine ich uns –sind die Guten. Das beweist: Die anderen sind die Bösen. Und es ist nun einmal so, dass in der Welt das Gute belohnt und das Böse bestraft wird. Dafür zu sorgen ist mein Job, und mein Job heißt: Ich habe diesen Job zu erledigen.
Mr. President of the United States of America of George W. Bush, wir danken.
INTERVIEW: PETER KÖHLER