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Archiv-Artikel

Der Verknüpfer

Er war ein Literat ohne Werk: Ein Nachruf auf Klaus-Peter Herbach, den Programmchef des Buchhändlerkellers

Klaus-Peter Herbach war aufgeschlossen, dabei nie zu geschäftig, nie zu wichtig

Klaus-Peter Herbach, gerufen K. P., ist in der Nacht vom Sonntag auf Montag gestorben. Er war Buchhändler, hatte bei Kiepert gelernt und war Pressesprecher der Akademie der Künste und Mitbetreiber einer kleinen, aber verlässlichen Literaturagentur am Kurfürstendamm. Vor allem aber war er seit 1967 der Programmchef des Buchhändlerkellers, der zunächst in Friedenau im Keller einer ehemaligen Bäckerei untergebracht war, seit über zwanzig Jahren aber, weiterhin als „Buchhändlerkeller“ firmierend, im Erdgeschoss eines Hauses in der Carmerstraße zu einer literarischen Institution geworden ist. Zahlreiche namhafte Autoren haben im Buchhändlerkeller gelesen: Uwe Johnson oder Max Frisch, Nikolas Born oder Günter Eich, und zu vielen dieser Berühmtheiten pflegte K. P. Herbach freundschaftliche Beziehungen.

Ich habe K. P. Herbach im letzten Jahr kennen gelernt, er hatte Peter O. Chotjewitz zu Gast. Im Buchhändlerkeller wird, damit zwei Räume nutzbar sind, im Stehen in einem Türrahmen gelesen, Herbach gab die Einführung, ordnete ein und empfing Chotjewitz mit einer herzlichen Verbindlichkeit, wie sie nur jahrelange Zusammenarbeit und Routine hervorbringen kann. Anschließend bestellte Herbach die Anwesenden in das Restaurant Diener im Tattersaal. Das Restaurant Diener ist bestes altes Westberlin, man findet sogar Kölnisch Wasser auf der Damentoilette vor. Genauso war K. P. Herbach bestes altes Westberlin, höflich, nicht piefig, ein Städter, kein Kiezmensch, auf Verknüpfungen bedacht. Herbach saß da, eine mächtige Gestalt mit einem kleinen Weinglas, das er vor seinen Bauch hielt, so wie ein guter Mann aus dem Kinderbuch. Herbach war herzlich, aufgeschlossen, redete mit einer Buchhandelskollegin über den Zustand des Buchhandels heute, stieß mit Chotjewitz an, besprach kurz Geschäftliches mit seinem Partner aus der Agentur, redete über Jörg Fauser und war dabei nie zu geschäftig, nie zu wichtig, nie zu präsent.

Es gibt ein schönes Foto von K. P. Herbach, das diesen Mann genau zeigt: Er steht im Eingang zum Buchhändlerkeller, öffnet einladend die Tür, lächelt dabei, doch nicht zu viel, lächelt unter seinem großen Schnauzbart hinweg und aus seinem großen Lockenkopf heraus und ist mit mächtiger Nase und großen, weichen Händen eine schöne Erscheinung. Er hat viel für die Literatur in Berlin getan, und nicht wenige Literaten müssen ihm dankbar sein. Er war ein Literat, nur ohne Werk. Er verknüpfte Menschen. JÖRG SUNDERMEIER