nachrichten aus der zukunft: senat prognostiziert für 2020 noch mehr reihenhäuser : Der Berliner Brei quillt weiter über
Kennen Sie HEM? Müssen Sie nicht, nur so viel: HEM ist eine No-Name-Tankstelle an der B1 kurz vor der östlichen Stadtgrenze. Das ist da, wo sich die Ostberliner regelmäßig so viel Sprit holen, dass sie es gerade noch bis ins polnische Küstrin schaffen, um Zigaretten, Wurst, Schnaps und Sprit zu kaufen. Bei HEM stehen – fast wie vor der Wende – die Autos immer in langer Schlange. Nicht, weil es Benzin gibt, sondern weil es ein paar Cent billiger ist als anderswo. Die Häuslebauer am Stadtrand müssen schließlich mit jedem Cent rechnen – Hornbach, Hellweg oder Obi gehen auf Dauer ins Geld. Prognose: auch im Jahr 2020 wird das so oder so ähnlich sein.
Denn im engeren Verflechtungsraum Berlin und Umland wird sich in den nächsten zwei Jahrzehnten nicht viel ändern – wenn man einer neuen Studie des Senats zur Bevölkerungsentwicklung Glauben schenkt. Gerade mal rund 22.000 Menschen mehr als heute werden 2020 in der Metropolenregion Berlin leben. Der Haken: Die „qualitativen und räumlichen Umstrukturierungsprozesse in Bevölkerungsaufbau und -verteilung werden sich jedoch weiter fortsetzen“.
Auf Deutsch heißt das: Der Berlin-Brandenburger Metropolenbürger wird älter, und die Gesamtgegend wird sich noch weiter zersiedeln. Reihenhäuser, Baumärkte, volle Straßen und Züge, das ganze Programm. Schließlich möchte sich manch Berliner – Hohenschönhausen, Marzahn und Hellersdorf müssen sich auf Bevölkerungsschwund einstellen – den Traum vom eigenen Gärtchen erfüllen. Und sei er kleiner als ein großzügiger Balkon! Hauptsache grün, auch wenn es nur die Farbe des HEM-Logos ist.
Aber trifft die Prognose zu, gibt es einen kleinen Trost: Im Unterschied zu anderen Mega-Citys, deren Einwohnerzahlen kräftig steigen, bleibt der Großraum Berlin relativ beschaulich. Auch 2020 muss kein Metropolenbewohner drei Stunden Auto oder Zug fahren, um mal einen echten Wald oder See zu sehen. Auf zu HEM! RICHARD ROTHER