Globalkritik boomt in Bombay

Zum heutigen Auftakt des Weltsozialforums in der südindischen Metropole werden 100.000 Teilnehmer erwartet. Im Mittelpunkt steht der Kampf gegen die „imperialistische Globalisierung“

BOMBAY/BERLIN taz ■ Das Weltsozialforum in Bombay zieht schon vor der Eröffnung mehr Besucher an als erwartet. Die angepeilte Zahl von 75.000 Teilnehmern wurde bereits gestern Vormittag überschritten. Jetzt erwarten die indischen Veranstalter bis zu 100.000 Gäste. Das weltweite Forum der Globalisierungskritiker wird heute Nachmittag mit einem Auftaktkongress eröffnet.

Den Widerstand gegen die „imperialistische Globalisierung“ bezeichnete Varada Rajan, Sekretär des indischen Gewerkschaftsbundes, gestern als wichtigstes Thema des Weltsozialforums (WSF). Bei mehreren Großveranstaltungen will man gegen die US-Invasion im Irak demonstrieren.

Der Weltgipfel der Globalisierungskritiker findet zum ersten Mal in Indien statt. Bisher tagte der Kongress dreimal im südbrasilianischen Porto Alegre. Das indische Organisationskomitee besteht aus rund zweihundert Nichtregierungsorganisationen, darunter vielen Gewerkschaften. Kommunistische, sozialistische und andere Parteien sind offiziell nicht vertreten. Nicht weit vom WSF entfernt findet das radikalere Treffen „Mumbai Resistance 2004“ statt, bei dem manche Teilnehmer die Unterstützung des irakischen Widerstands gegen die US-Besatzung fordern.

Als prominentester Redner aus dem bürgerlichen Spektrum ist der ehemalige Weltbank-Ökonom Joseph Stiglitz angereist, der die Liberalisierungspolitik der internationalen Finanzinstitutionen aufs Schärfste kritisiert. Neben dem Krieg spielt die Gegenwehr gegen die „neoliberale“ Politik der WTO die größte Rolle auf dem Treffen.

Aus Deutschland sind etwa 240 Menschen angereist, darunter eine Gruppe von Attac. Die SPD-Bundestagsfraktion vertritt der Umweltpolitiker Ernst Ulrich von Weizsäcker. Die als einziges Regierungsmitglied anwesende Staatsministerin im Außenministerium Kerstin Müller (Grüne) erklärte gestern, sie wolle einen „Dialog mit den Globalisierungskritikern“ – „selbst wenn man nicht immer gleicher Meinung ist“. Im taz-Interview kritisiert der ehemalige Wirtschaftsweise Juergen Donges, die Globalisierungskritiker machten die Globalisierung für „sämtliche Fehler“ verantwortlich, angefangen von der Armut in den Entwicklungsländern bis hin zur Arbeitslosigkeit in den Industrieländern. Dabei seien solche Probleme meist „hausgemacht“.

H. KOCH, K. KOUFEN

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