: Schrankwand-Sarkasmus
Daniel Ris inszeniert in Oldenburg „Die Glasmenagerie“ als Spiel mit Einbaumöbel
Daniel Ris ist ein Verehrer der Filme von David Lynch. Sein Faible für Skurrilitäten durfte der Regisseur in Oldenburg bereits mit der Uraufführung der „Nacht des schlaflosen Kellners“ ausleben. Jetzt hat er im Kleinen Haus des Staatstheaters Tennessee Williams’ „Glasmenagerie“ inszeniert – als konsequente Studie familiärer Klaustrophobie.
Unruhig tigert Thomas Bammer, der den Tom spielt, am Bühnenrand hin und her, noch bevor das Saallicht erlischt. Zur Einführung zitiert er Worte aus der Vorrede des Autors. Den detaillierten Regieanweisungen des Autors begegnet Ris hingegen mit resolutem Rotstift: Weg mit der bürgerlichen Wohnstube, her mit der Schrankwand. Ein Monstrum von Möbel bildet den Rahmen für Williams’ „Spiel der Erinnerungen“.
Grenzwall, Gefängnismauer, Umkleidekabine und Requisitenlager ist das Bühnenbild von Beate Faßnacht, Dreh- und Angelpunkt des Abends. Selbst die Glasmenagerie, immerhin das Titelrequisit, fällt weg. Stattdessen hüllt sich alles in ein geheimnisvolles Licht, wie man es aus dem fantastischen Kino kennt: Es ist Toms Erinnerung, die auf der Bühne zum Leben erwacht. Und der treibt sich nunmal gerne in Lichtspielhäusern herum.
Da ist es nur konsequent, dass er die Szenen oft per Knopfdruck mit Filmmusiken unterlegt: „Star Trek“, „Dead Man“, „Mission Impossible“. Und Auch Lynch klopft mehrfach an die Hintertür. Wenn Tom seine tyrannische Mutter Amanda als „Hexe“ beschimpft, ziehen Bilder aus „Wild At Heart“ vor dem geistigen Auge vorbei: Ris hat Elfi Hoppe diese Rolle ebenso hysterisch anlegen lassen, wie Diane Ladd im Film die Mama gibt. Nur leider wirkt Hoppes Spiel hölzern, und oft verhaspelt sie sich: So bleibt von der überspannten Dame Amanda nur ein überkandidelter Hausdrachen. Ansonsten ergänzen die schauspielerischen Leistungen das positive Gesamtbild durchaus – allen voran Bammer als sarkastischer Conferencier. Keine Pause, keine Längen: Daniel Ris ist eine unaufdringlich zeitgemäße Umsetzung gelungen. Christoph Kutzer
Glasmenagerie, Staatstheater Oldenburg. Nächste Aufführungen: 20., 31. Jan., 7.,15.,19. Feb., jeweils 20 Uhr