: Gezerre um den Garten Eden
Rund 350 Kinder toben und lernen im Spiel- und Erfahrungsgarten Kids’ Garden in Nord-Neukölln. Jetzt will das Bezirksamt Neukölln das geschlossene Grundstück öffnen und teilweise bebauen
VON JENNY MARRENBACH
Wie soll die Zukunft des Kids’ Garden in Nord-Neukölln aussehen? Bis heute Abend ist noch Zeit zum Protestieren, Anregen und Bedenken: Bis dahin nimmt das Bezirksamt Neukölln Fragebögen zur Entwicklung des Grundstücks zwischen Hobrecht- und Friedelstraße an. So versucht das Amt Bürger in den Streit um eine mögliche Umstrukturierung des Eltern- und Pädagogenprojektes Kids’ Garden einzubeziehen.
Das Grundstück wurde 1996 im Zuge eines Sanierungsplans für das Gebiet Kottbusser Damm Ost vom Land gekauft. Da die finanziellen Mittel für ein Bauvorhaben damals fehlten, pachtete die Initiative „Grün für Kinder“ die leere Fläche zur Zwischennutzung – und hob das Projekt Kids’ Garden aus der Taufe. Ende 2010 läuft der Pachtvertrag aus.
Martina Reiche vom Vorstand des Vereins geht durch das Gelände und zeigt stolz auf einen kleinen Teich und ein offenes Holzhaus, in dem im Sommer Garten- und Bastelseminare für Kinder veranstaltet werden. Sie erhofft sich Rückendeckung von der Fragebogenaktion des Bezirksamts. In gemeinsamer Arbeit haben Eltern und Pädagogen seit dem Jahr 2000 einen Spiel- und Erfahrungsgarten für Kitas ohne Grünflächen angelegt. Jetzt will das Bezirksamt Neukölln die Nutzung des Grundstücks weiterentwickeln – und eventuell durch den Bau eines Weges und eines Gebäudes für eine öffentliche Nutzung freigeben. Für die Kräuter- und Gemüsebeete im Kids’ Garden könnten die Pläne des Bezirksamtes das Aus bedeuten, befürchtet der Verein.
Das Jugendamt hat bereits Ideen für die Weiterentwicklung. „Das könnte ein Elterncafé mit Informations- und Beratungsstelle sein“, sagt die grüne Stadträtin Gabriele Vonnekold. „Wir müssen laut dem Bebauungsplan des Grundstücks etwas tun – sonst fällt das Grundstück an den Liegenschaftsfond.“
14 Einrichtungen – Elterninitiativen und Kindergärten – beteiligen sich am Kids’ Garden. 350 Kinder können so den „Naturerfahrungsraum“ nutzen. Bislang ist der Garten durch zwei große Tore zu den Straßenseiten hin geschlossen – rein kommt nur, wer einen Schlüssel hat. Damit wird der Garten vor Vandalismus und Vermüllung zwar geschützt, andererseits wird so der Zugang zum Garten exklusiv.
Gerade diese Exklusivität sei wesentlich für die Erhaltung des Kids’ Garden, argumentiert Sigmar Gude. Der Stadtsoziologe arbeitet zurzeit an einem Gutachten über den Garten. Er ist der Ansicht, das Grundstück werde schon jetzt im Sinne des Sanierungsplans genutzt. Außerdem sei der Bau eines weiteren Gebäudes nur eine Beschneidung der spärlichen Grünflächen in Neukölln. „Es wird permanent davon geredet, dass die Bürger Eigeninitiative zeigen sollen. Hier besteht welche und jetzt soll sie untergebuttert werden“, ärgert sich Gude.
Trotz der bestehenden Unstimmigkeiten haben weder Vonnekold noch Reiche Interesse an einer großen Konfrontation. „Alle wollen eine sinnvollen Zusammenarbeit“, sagt Reiche. Auch Vonnekold ist optimistisch: „Wir gehen davon aus, dass da etwas Gemeinsames mit dem Kids’ Garden entsteht.“ Luzia Weber vom Quartiersmanagement stimmt in den Reigen der versöhnlichen Stimmen ein. Am wichtigsten sei doch die Frage, was für die Entwicklung im Quartier am besten sei. „Räume müssen heutzutage angesichts der finanziellen und räumlichen Knappheit multifunktional genutzt werden“, sagt Weber. Die gemeinschaftliche Nutzung von Garten und einem neuen Gebäude sei dabei eine Idee.
Fragebogen unter www.reuter-quartier.de