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Archiv-Artikel

Banken wollen zusammen untern Schirm

Die vier großen deutschen Privatbanken planen angeblich gemeinsamen Antrag auf Staatsbürgschaften. Finanzminister Steinbrück kritisiert Zögern der Manager, lehnt verpflichtende Staatsbeteiligung aber weiter ab. Attac-Protest vor Ministerium

Von MKR
ENTSCHÄRFTE BILANZREGELN RETTEN GEWINN DER DEUTSCHEN BANK

Trotz einer „eklatanten Verschärfung der Finanzmarktkrise“, wie Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann sagte, hat Deutschlands größte Bank auch im dritten Quartal nach Steuern einen Gewinn von 414 Millionen Euro ausgewiesen. Das ist zwar deutlich weniger als die 1,6 Milliarden Euro aus dem gleichen Zeitraum des Vorjahrs, aber mehr, als von den meisten Experten erwartet. Entscheidend für das gute Ergebnis waren neben Steuereffekten vor allem die gerade gelockerten EU-Bilanzregeln; sie geben den Banken die Möglichkeit, bestimmte Wertpapiere und Kredite nicht mehr mit dem Marktpreis zu bewerten. Auf diese Weise musste die Deutsche Bank nur 1,2 Milliarden Euro abschreiben; ohne die neuen Bilanzierungsregeln wären es knapp 900 Millionen Euro mehr gewesen. Seit Beginn der Krise sind bei der Deutschen Bank insgesamt Abschreibungen von 8,5 Milliarden Euro aufgelaufen. Einen Verlust wies sie aber nur im ersten Quartal aus. AP, RTR

FRANKFURT/M. dpa/taz ■ Lange haben sie sich geziert – nun sind die deutschen Großbanken offenbar doch bereit, das staatliche Rettungspaket zu nutzen. Damit dabei nicht die erste Bank, die um Hilfe bittet, an der Börse abgestraft wird, wollen die Finanzinstitute offenbar koordiniert agieren. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung führen Commerzbank, Dresdner Bank, Postbank und Deutsche Bank derzeit Verhandlungen über gemeinsame Anträge auf Kreditbürgschaften.

Auch Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) geht davon aus, dass die Banken das Rettungspaket nutzen werden. „In den nächsten vier bis fünf Tagen wird es eine ganze Reihe von Instituten geben, die die Hilfe in Anspruch nehmen werden“, sagte er der Financial Times Deutschland. In Regierungskreisen wird nach Angaben des Blattes damit gerechnet, dass die Großbanken an diesem Freitag nach Börsenschluss bei der staatlichen Finanzierungsanstalt gemeinsam einen Antrag auf Kreditbürgschaften stellen werden. Ein wichtiger Grund dafür seien zusätzliche Zahlungen, die die Banken wegen der Pleite der US-Bank Lehman Brothers an den Einlagensicherungsfonds zahlen müssen.

Das vom Bundestag vor zwei Wochen in großer Eile verabschiedete Rettungspaket stellt den deutschen Banken insgesamt Bürgschaften über Kredite in Höhe von 400 Milliarden Euro zur Verfügung. Weitere 80 Milliarden sind für staatliche Beteiligungen an Banken sowie für den Aufkauf riskanter Wertpapiere vorgesehen. Im Gegenzug kann der Bund die Gehälter der Bankmanager begrenzen, Dividenden verhindern und Einfluss auf die Geschäftspolitik nehmen. Beantragt haben die staatlichen Kapitalspritzen bisher – neben drei Landesbanken – lediglich die Hypo Real Estate, die auch schon vor der Schaffung des Rettungsfonds Hilfe in Anspruch genommen hatte.

Die Banken wollten die Berichte über einen gemeinsamen Antrag weder bestätigen noch dementieren. Für die Deutsche Bank, die am Donnerstag noch einen Quartalsgewinn vermelden konnte (siehe Kasten), sagte Finanzvorstand Stefan Krause: „Wir haben keinen Kapitalbedarf.“ Auf Nachfragen, ob andere Instrumente des Rettungspakets für die Bank in Frage kämen, antwortete er nicht.

Trotz der zögerlichen Haltung der Banken setzt Steinbrück weiterhin auf eine freiwillige Unterstützung. Einen Zwangsmechanismus, wie ihn etwa Großbritannien und die USA nutzen, werde es nicht geben. Für eine solche verpflichtende Teilverstaatlichung von unterfinanzierten Banken hatten sich die Grünen und die Linkspartei ausgesprochen. Zugleich übte Steinbrück Kritik an den Bankmanagern: „Ich wundere mich darüber, dass es einzelne Bankvorstände gibt, die sogar sagen, ich müsse noch zusätzliche Anreize liefern, damit dieses Menü in Anspruch genommen wird.“

Manager wollen „zusätzliche Anreize“, damit sie Hilfe in Anspruch nehmen

Einige hundert Mitglieder von Attac und anderen linken Gruppen protestierten am Donnerstagabend vor dem Finanzministerium gegen die Regierungspolitik. Sie forderten eine sozial gerechte Finanzierung der Kosten der Krise durch Vermögensabgaben und ein „Ende des Finanzmarktkapitalismus“. MKR