der homosexuelle Mann … von ELMAR KRAUSHAAR
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… lässt sich gern befragen, zu allem und von jedem. Merkantile Neugier verwechselt er schon mal mit ernsthaftem Interesse an ihm selbst. So verweigert er sich keiner Marketing- und PR-Instanz, die lediglich wissen will, ob homosexuelle Männer im Konsumrausch tatsächlich ausgequetscht werden können wie eine Zitrone, so wie das moderne Vorurteil es will.

Unlängst standen die Mediengewohnheiten der Homosexuellen auf dem Prüfstand: Was sehen sie gern im TV? Bei wem schalten sie sofort ab? Was lesen sie? Oder lesen sie überhaupt? Und: „Sind Schwule wirklich anders?“ Das jedenfalls wollte das Düsseldorfer Marktforschungsinstitut „Innofact“ eruieren und fragte homo- wie heterosexuelle Männer nach ihren Vorlieben bei Print, Funk und Fernsehen.

An Nachrichten interessiert sind beide Gruppen gleichermaßen, besagt die Studie, doch driftet es dann weit auseinander, je konträrer die Rollenzuweisung. Während richtige Männer gern Sport einschalten, sich für Autos interessieren und die Welt der Computer, stehen die falschen Kerle eher auf Talkshows, „Sex and the city“ und trashige Flirtshows im Vorabendprogramm. Das Körperliche ist ihnen näher, so es denn schön anzusehen ist und leicht zu bearbeiten. Deshalb schauen Schwule gern beim Schwimmen zu und blättern häufiger in Magazinen wie Men’s Health oder Fit for Fun. Die Heteros dagegen lassen ihre Körper lieber in seine Einzelteile zerlegen und präferieren deutlich Boxkampf, Kriegsfilm und Autosport.

Das alles scheint nicht wirklich neu, und doch überrascht das eine oder andere Ergebnis der Studie und birgt ganz neue Geheimnisse: Warum beispielsweise hören Schwule vorwiegend Radio am Abend, Heteros dagegen schalten die Kiste ein zwischen sieben Uhr morgens und 16 Uhr am Nachmittag? Und warum lesen Homos lieber die Süddeutsche Zeitung, während Heteros deutlich öfter zu Bild greifen oder zur Welt?

Ähnliche Fragen wie die Düsseldorfer stellten auch die Mitarbeiter des Kölner Marketing-Büros „mi*st Consulting“. Die befragten online homosexuelle Frauen und Männer danach, was sie denn so gern im Fernsehen sehen. Deutlich anders hierbei das Ergebnis in Sachen Nachrichten: Während Informationssendungen allgemein das wichtigste TV-Format bilden, stehen Lesben und Schwule offenbar mehr auf Unterhaltung und viele, viele Serien. Und sie bevorzugen angeblich die Programme der privaten TV-Anbieter – RTL, Sat.1 und ProSieben rangieren ganz oben. Wirklich sehen aber wollen sie viel mehr über sich selbst, mehr schwul-lesbisches, und zwar mittenmang und nicht in abseitigen Nischensendern: Sie wollen „Integration statt Segregation“, jubeln die Marktforscher und freuen sich ob der braven Homo-Kohorte: „Der ungebrochene Wunsch von Homosexuellen nach offener Anerkennung als selbstverständlicher Teil der Normalität zeigt“, schlussfolgert einer der Experten, „dass weiterhin Verbesserungen im Umgang mit Vielfalt in Deutschland erforderlich sind.“ Was sich sprachlich da so windet, ist auch nicht wirklich neu: Mehr Lesben und Schwule in die mediale Öffentlichkeit, und nicht nur als Comedians, Sextalker oder Herzschmerzsänger!