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Die Folgen der Not sind absehbar

Weltbankbericht: Sechzig Prozent der Palästinenser leben unterhalb der Armutsgrenze. Geld allein ist nicht die Lösung

JERUSALEM taz ■ Internationale Hilfe ist zwar nötig, um die „palästinensische Wirtschaft vor dem totalen Zusammenbruch zu retten“, dennoch bietet sie keine langfristigen Lösungen. Zu diesem Schluss kam der UNO-Sonderbeauftragte für den Friedensprozess im Nahen Osten Terje Roed-Larsen gestern vor Journalisten in Jerusalem. Dreißig Monate nach Beginn der Intifada leben nach Informationen der Weltbank heute 60 Prozent der palästinensischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze und müssen mit weniger als zwei US-Dollar pro Tag auskommen.

In Khan Younis im südlichen Gaza-Streifen sind „vier von fünf Männern ohne Arbeit“, berichtet Nigel Roberts, Weltbankdirektor in den Palästinensergebieten. Insgesamt liege die Arbeitslosenrate bei über 50 Prozent. Die Lage sei katastrophal, obschon die internationale Gemeinschaft seit Unterzeichnung der Osloer Friedensvereinbarungen mehr als 6,5 Milliarden US-Dollar gespendet habe, was umgerechnet „200 Dollar pro Person und Jahr sind und damit mehr Geld, als je ein Volk seit dem Zweiten Weltkrieg bekommen hat“.

Auch wenn ausländische Gelder nahezu ausschließlich in den palästinensischen Haushalt und nicht in Entwicklungsprojekte gingen, könne damit die medizinische Versorgung und das Erziehungssystem weitgehend aufrechterhalten werden. Rund ein Drittel der Berufstätigen arbeitet im öffentlichen Dienst und verdient die Hälfte des gesamten Einkommens. Ohne Spendengelder, die zu 75 Prozent aus arabischen Ländern kommen, hätte laut Weltbankbericht „der Zusammenbruch der Autonomiebehörde nicht verhindert werden können“. Die Entscheidung der israelischen Regierung, die monatliche Zahlung eingefrorener Steuergelder wiederaufzunehmen, erwähnt die Weltbank als „positiven Schritt“.

Auch wenn eine Verlangsamung der Rezension erkennbar ist, solle das nicht die Illusion aufkommen lassen, es sei ein stabiles Gleichgewicht erreicht. Im Gegenteil seien die Folgen der Not, die zu einer 30-prozentigen Verminderung des Nahrungsmittelkonsums pro Kopf führte, bereits abzusehen. Einer amerikanischen Studie zufolge ist die Mangel- und Fehlernährung in Gaza mit der ärmerer afrikanischer Länder vergleichbar.

Der einzige Ausweg, die palästinensischen Lebensumstände zu verbessern, „ist politischer Art“, meint Larsen. „Selbst wenn die internationale Hilfe verdoppelt würde, hätte das nur marginalen Einfluss auf die Lage.“ Die Palästinenser bräuchten einen Zugang zu den Märkten und vor allem zueinander. Larsen appelliert an die israelische Regierung, die massiven Reisesperren zu erleichtern. Um das möglich zu machen, sei die Umsetzung der „Roadmap“, der jüngsten amerikanischen Friedensinitiative, notwendig, darunter die Ernennung eines palästinensischen Premierministers und Reformen innerhalb der palästinensischen Verwaltung. „Ohne einen glaubwürdigen Partner kann es keinen Friedensprozess geben“, meinte Larsen.

Weltbankdirektor Roberts, der Gespräche palästinensischer Vertreter mit der internationalen „Task-Force“ zur Unterstützung der Reformen begleitete, zeigte sich beeindruckt über die „Entschlossenheit, mit der die palästinensischen Minister den Reformprozess vorantreiben“. Die sich abzeichnenden Veränderungen seien nicht nur internationalem Druck zuzuschreiben, sondern entsprächen vor allem dem Bedürfnis der Palästinenser selbst. SUSANNE KNAUL

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