: Sozen-Duell: Punkt für die Neue
SPD Bremen-Stadt: Der noch amtierende Vorsitzende und die noch nicht gewählte Gegenkandidatin trafen einander im Westen
Bremen taz ■ Es war angekündigt als großer Abend, als Duell, als Showdown, als erste Vorentscheidung über die Zukunft: Am Dienstag Abend trafen im Nachbarschaftshaus Ohlenhof der Vorsitzende des Unterbezirks SPD Bremen-Stadt und seine Konkurrentin aufeinander. Wolfgang Grotheer und Carmen Emigholz tingeln bis zum Wahlparteitag am 28. Februar durch die Ortsvereine, um die Basis von sich zu überzeugen. Der Abend blieb eine Veranstaltung, die aus ihrer offenbar vorher abgestimmten Dramaturgie nicht ausbrach – es sprachen die, die es ohnehin immer tun: GenossInnen, die in der Bremischen Bürgerschaft sitzen oder saßen. Das Parteivolk schwieg. Vielleicht auch deshalb, weil es nicht sonderlich zahlreich war – gerade mal 40 Leute waren gekommen, Parlamentarier inklusive.
Zwei Gewinner hatte der Abend und einen Verlierer: Carmen Emigholz überzeugte – zumal sie nicht alleine war: Denn im Nachbarschaftshaus präsentierte sich auch der potenzielle Nachfolger für den Landesvorsitz der Partei, Carsten Sieling. Und es wurde offenbar, dass Sieling und Emigholz im Team antreten. Da wurde Grotheer zum Einzelkämpfer, der chancenlos schien.
Eine „kluge Entscheidung“ habe Detlev Albers, noch amtierender Landeschef, mit seinem Verzicht auf eine erneute Kandidatur getroffen, fand Sieling. Klug, weil die Partei längst am Boden liegt: Nur noch 6.000 Mitglieder zähle die SPD, skizzierte Sieling, „der Mantel ist viel zu groß“, sprich: Ortvereine müssen zusammengeschlossen und die sich oft doppelnde Arbeit auf Unterbezirks- und Landesebene müsse besser koordiniert werden. Dann komme das, was Sieling „Kür“ nennt: Menschen erreichen. „Wir müssen uns stärker und mehr anstrengen, uns in der bremischen Gesellschaft zu verankern.“ Mit Themenforen solle sich die Partei öffnen.
Von einem „Dialog mit der Bevölkerung darüber, wie sie sich ihre Stadt vorstellt“, sprach dann auch Carmen Emigholz, und davon, dass sich das einerseits auf „Bremen als Gesamtveranstaltung“ beziehen solle als auch auf die Entwicklung der Quartiere. Emigholz warb für „Stadtteilgerechtigkeit“ und für sich mit offenherziger Unvollkommenheit: „Erwartet nicht von mir, dass ihr in mir die Allheilsbringerin findet.“ Die Partei brauche viel mehr ein Team: „Was ich mir zutraue, ist, mit Kolleginnen und Kollegen einen Dialog zu organisieren, der zu guten Entscheidungen führt.“
Bei soviel Aktionismus und darin verpackter Kritik am Status quo blieb Wolfgang Grotheer eher blass. Er skizzierte vor allem den Gegensatz zwischen der ungeliebten Bundespartei und der dennoch ungebrochen populären Bremer SPD. Auch Grotheer will die „Verschlankung der Strukturen bei den Ortsvereinen“, aber beschwor die Basis auch, „dass wir uns nicht kleiner machen als wir sind: Wir sind eine große, lebendige Partei.“
Tatsächlich? „Wir pfeifen doch aus dem letzten Loch“, erklärte Grotheers Stellvertreter und bekennender Kritiker, Frank Schmitz. „Wir sind in einer tiefen Krise“, sagte Jürgen Pohlmann, Chef der Waller SPD und sportpolitischer Sprecher der Fraktion.
Mehr oder minder offen bekennen derzeit viele in der Bremer SPD, dass der Partei offenbar die Inhalte abhanden gekommen seien. Der Streit darüber fehlte auch an diesem Abend. Denn da haben alle drei Kandidaten ähnliche Ideen: 2007 ist Schluss mit der großen Koalition, und der senatorischen Investitionspolitik hat die Partei das Programm „Vitale Stadtteile“ entgegengestellt – das es nun mit Leben zu füllen gilt. Zumindest die Genossen des Bremer Westens scheinen das den Neuen eher zuzutrauen als den Alten. sgi