: „Die Fraktion macht, was sie will“
Der Münsteraner Grüne Wilhelm Achelpöhler verlangt Sonderparteitag zu Sozialpolitik
taz: Herr Achelpöhler, die Grünen in Münster wollen einen Sonderparteitag durchsetzen. Thema sollen die sozialen Sicherungssysteme und der Kündigungsschutz sein. Warum sind Sie unzufrieden mit Ihrer Parteispitze?
Wilhelm Achelpöhler: Wir erkennen die Positionen nicht wieder. Zum Beispiel beim Kündigungsschutz. Arbeitsminister Wolfgang Clement schlägt vor, ihn bei Kleinbetrieben zu flexibilisieren – und unser wirtschaftspolitischer Sprecher Werner Schulz klatscht Beifall. Das steht aber nirgendwo in unseren Programmen, dass wir den Kündigungsschutz aufweichen wollen.
Sie sind dagegen?
Ja. Aber darum geht es nicht in erster Linie. Wir finden nur: Die Partei muss endlich diskutieren und entscheiden! Dreimal sind wir auf Parteitagen mit der Trennung von Amt und Mandat beschäftigt worden. Das interessiert niemanden außerhalb der Grünen. Aber bei existenziellen Fragen, da macht die Fraktion, was sie will. Das ist ein krasses Missverhältnis.
Nur beim Kündigungsschutz?
Das Gleiche ereignet sich bei der Arbeitslosenhilfe. Das Grundsatzprogramm sieht vor, dass sie mit der Sozialhilfe zu einer Grundsicherung zusammengelegt wird. Aber eine Schlechterstellung wurde ausgeschlossen. Jetzt lesen wir, dass die Arbeitslosenhilfe nur noch knapp über der Sozialhilfe liegen soll.
Wo hat sich die Fraktion noch selbstständig gemacht?
Unser Wahlprogramm fordert die Einführung der Vermögensteuer. Aber davon haben wir in der aktuellen Diskussion nichts mehr wiedergefunden.
Glauben Sie, dass es einen Sonderparteitag gibt?
Nach unserer Satzung müssen ihn zehn Prozent der Kreisverbände beantragen, das sind ungefähr 50. Zwölf Kreisverbände unterstützen uns bereits.
Das klingt nicht nach einem großen Erfolg.
Moment mal! Wir haben unsere E-Mail erst vor zwei Wochen verschickt und die Kreisverbände entscheiden vielfach auf Mitgliederversammlungen, ob sie einen Sonderparteitag fordern.
Läuft Ihnen nicht die Zeit davon? Nächste Woche wird Kanzler Schröder verkünden, wie die Reformprojekte aussehen.
Also erstens müssen die Gesetze ja in Bundestag und Bundesrat verhandelt werden, das dauert mindestens bis zum Sommer. Und dann hoffen wir natürlich, dass schon die Initiative als solche dazu beiträgt, dass sich die Fraktion stärker an den grünen Programmen orientiert.
INTERVIEW: ULRIKE HERRMANN