: Galgenfrist für den Irak
Washington und London räumen Hussein letzte Chance zum Abrüsten ein. Chefwaffeninspektor bescheinigt im Sicherheitsrat Irak Fortschritte bei Zusammenarbeit. Blix für mehr Zeit für Inspektionen. Deutschland und Frankreich gegen neue Resolution
NEW YORK/ GENF taz/dpa ■ Die Entscheidung über einen Krieg im Irak rückt immer näher. Obwohl die UN-Inspektoren dem Irak am Freitag in einem neuen Zwischenbericht im Weltsicherheitsrat substanzielle Fortschritte bei der Abrüstung bescheinigten, halten die USA und Großbritannien an ihrem Kriegskurs fest. US-Präsident George W. Bush sieht in dem Konflikt die „letzte Phase der Diplomatie“ gekommen und bekräftigte in Washington, die USA seien notfalls auch ohne UN-Mandat zu einem Militärschlag bereit.
Der harte Kurs der USA und Großbritanniens stieß im Sicherheitsrat erneut auf klaren Widerstand. Bei der wahrscheinlich letzten großen Debatte des höchsten UN-Entscheidungsgremiums vor der Abstimmung über eine neue Irakresolution machten vor allem die Außenminister der Vetomächte Frankreich, Russland und China deutlich, dass die Waffeninspektionen fortgesetzt und intensiviert werden sollten.
Bundesaußenminister Joschka Fischer sprach von einem „historischen Wendepunkt“, an dem die Einheit der internationalen Staatengemeinschaft auf dem Spiel stehe. Die USA und Großbritanien verlangen, dass der UNO-Sicherheitsrat Anfang nächster Woche über ihren Entwurf einer Kriegsresolution vom 24. Februar abstimmt. In einem gestern von Großbritannien vorgelegten Zusatz zu der Resolution wird Bagdad ein zehntägiges Ultimatum zur Erfüllung aller noch unerledigten Abrüstungsauflagen gestellt. Dagegen forderten die USA den Sicherheitsrat auf, angesichts der anhaltenden irakischen Verweigerung echter Abrüstung endlich zu handeln.
Zuvor hatte sich UN-Chefwaffeninspektor Hans Blix so eindeutig wie noch nie für eine Fortsetzung der Inspektionen eingesetzt. Seit Ende Januar habe der Irak seine Initiativen zur Kooperation „beschleunigt“. Noch gebe es bei der Abrüstung zwar viele Fragezeichen, sie komme aber voran. Mit der Vernichtung von Al-Samud-Raketen habe der Irak eine „substanzielle Abrüstung“ begonnen. Sinnvolle Inspektionen würden selbst bei fortgesetzter aktiver Kooperation Bagdads noch mehrere Monate in Anspruch nehmen.
Russlands Außenminister Igor Iwanow bekräftigte unter Hinweis auf die von Blix dargelegten Fortschritte Moskaus Ablehnung jedweder Irakresolution, die eine Militärinvasion erlauben würde. Präsident George W. Bush hatte am Vorabend erneut betont, die USA würden notfalls auch ohne Zustimmung der Vereinten Nationen in den Krieg ziehen. „Wenn es um unsere Sicherheit geht, brauchen wir wirklich von niemandem eine Erlaubnis.“
Bush machte zudem deutlich, dass die USA auf jeden Fall eine Abstimmung über eine weitere Irakresolution anstreben. „Es ist Zeit, dass jeder seine Karten offen legt und die Welt wissen lässt, wie er zu Saddam steht“, sagte der US-Präsident.
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