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Archiv-Artikel

Der tiefe Fall des Wolfgang P.

Ex-Tierheimchef Wolfgang Poggendorf gesteht vor Gericht Untreue-Vorwürfe und dürfte dafür mit einem blauen Auge davon kommen. Prozessbeteiligte einigen sich auf eine Bewährungsstrafe. Die Basis des Tierschutzvereins ist empört

Es war ein kurzer Prozess, denn das Procedere mitsamt Geständnis und Urteilsrahmen war schon im Vorweg ausgehandelt worden: „Was mir an Straftaten vorgeworfen wird, trifft zu“, sagte Wolfgang Poggendorf am Montag vorm Landgericht. In acht Fällen bekennt sich der 71-jährige ehemalige Vorsitzende des Hamburger Tierschutzvereins (HTV) der Untreue und Unterschlagung für schuldig – und beteuert: „Ich möchte mich bei den Mitgliedern des HTV für mein schwerwiegendes Fehlverhalten entschuldigen.“

So räumt Poggendorf ein, dass es beim Kauf seines Appartments auf Sylt, das dem HTV vererbt worden war, 2007 nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Zwar habe der HTV wie üblich die Wohnung von einer Sachverständigen schätzen lassen, die auf einen Verkehrswert von 130.000 Euro gekommen sei. „Mir war aber klar, dass die Wohnung 200.000 Euro Wert war“, sagte Poggendorf nun. Konkurrenten habe er angelogen, um sie aus dem Rennen zu werfen.

Poggendorf gibt auch zu, 2003 Wertpapiere im Wert von 100.000 Euro aus einem Nachlass an sich genommen zu haben. Die Papiere seien „nirgends registriert“ gewesen, sagt er. Und da es „keine weiteren Zeugen“ gab, habe er sie an sich genommen „und wie mein Eigentum behandelt“, so Poggendorf: „Ich bereue die Untreue sehr.“ So wie er auch jene Wertpapiere für 81.000 Euro, die ihm 2004 von einer Erblasserin in die Hände fielen, behielt: „Ich habe sie im Banksafe gefunden, an mich genommen und sofort bei mir zu Hause deponiert.“

Nur in einem Punkt folgte Poggendorf dann doch nicht dem vereinbarten Drehbuch. Vor Gericht bestritt er, den erbberechtigten Organisationen „SOS Kinderdörfer“ und „Brot für die Welt“ eine Erbschaft in Höhe von 29.000 Euro vorenthalten zu haben – diesmal zugunsten des HTV. Gefunden worden war das Geld eingewickelt in einer Strickjacke bei einer Nachlass-Abwicklung, bei der es um insgesamt 1,4 Millionen Euro gegangen war. Poggendorf: „Das war eine einfache Frau, aber ein Genie in Kapitalanlagen.“

Angesichts des Geständnisses und der Tatsache, dass Poggendorf mittlerweile alles unterschlagene Geld nebst Zinsen in Höhe von 235.000 Euro zurückgezahlt hat, hielt die Staatsanwaltschaft gemäß der Absprache eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren und 40.000 Euro Bußgeld für angemessen. „Die Folgen für den Verein sind eine Katastrophe“, fügte der Staatsanwalt gleichwohl an: „Der Ruf ist runiniert.“

Poggendorfs Verteidiger Ortmar Kury, dem es bereits im Vorverfahren gelungen war, das Gros der Vorwürfe aus dem Weg zu räumen, hielt anderthalb Jahre dagegen für ausreichend. Er gab dem HTV-Vorstand eine Mitschuld.

Unversöhnlich bleibt offenbar die Basis des Vereins – trotz Geständnisses und Entschuldigung: Zum Prozessende ertönten im Gericht immer wieder Pfui- und Buh-Rufe und die Beschuldigung: „Bandit“. Ein Vereinsmitglied zeigte sich „erschrocken“ darüber, dass Poggendorf mit einem Staranwalt so einfach davonkomme. „Der hat dem Tierschutzverein schweren Schaden zugefügt.“

Das Urteil wird am Montag offiziell verkündet. KAI VON APPEN