Doch viel dümmer als gedacht

Auch die Nordische Ski-WM von Val die Fiemme hat jetzt ihren Dopingfall. Unter Verdacht: die Finnin Kaisa Varis

HELSINKI taz ■ Ein neuer Dopingfall hat Finnlands Skisport kalt erwischt. Nach dem Fiasko von Lahti, wo bei der WM vor zwei Jahren beinahe die gesamte Skilanglaufmannschaft der Einnahme von Dopingmitteln überführt worden war, gibt es nun einen neuen Betrugsfall: Auch bei der WM in Val di Fiemme stellte sich eine Blutprobe als positiv heraus. Zwar soll bis zum Vorliegen der B-Probe (17. März) kein Name genannt werden, die finnischen Medien aber haben zumindest eine Ahnung, über die sie kräftig spekulieren: die Skilangläuferin Kaisa Varis. Sie machte sich seit Bekanntwerden der Vorwürfe unerreichbar und gehörte der Mannschaft an, die Staffelsilber für Finnland gewann.

Dabei durfte Kaisa Varis schon an den ersten fünf Wettkampftagen von Val di Fiemme nicht an den Start gehen, weil sie mit einem zu hohen Hämoglobinwert angetroffen und mit einer so genanten Schutzsperre belegt worden war. Als Grund für diese Werte hatte sie einen Aufenthalt in einem Zelt, in dem Höhenluft simuliert wird, angegeben, was die Sauerstoffaufnahmefähigkeit des Blutes erhöht – und damit die Leistungsfähigkeit. Zudem gibt es gleich eine Reihe von Gründen, misstrauisch gegenüber Frau Varis zu sein: Zum einen hatte sie sich unabhängig vom Rest der Mannschaft vorbereitet, zum anderen war sie dabei von einem Privattrainer mit Vergangenheit betreut worden: Kari-Pekka Kyrö hatte als Cheftrainer im Zentrum des Dopingskandals von Lahti gestanden und war deshalb auf Lebenszeit gesperrt worden. Doch in dieser Angelegenheit hat der finnische Verband nicht nur Scheuklappen, sondern gleich Augenbinden auf: Noch vor einer Woche schlug der Skiverbandsvorsitzende Seppo Rehunen vor, Skandaltrainer Kyrö wieder einzustellen. Der Wunsch nach Medaillen, so vermutet die Tageszeitung Hufvudstadsblade, habe den Verband zu solchen Überlegungen veranlasst. Offenbar habe man auch nicht damit gerechnet, dass nach Lahti „ein finnischer Sportler so dumm sein könnte“, nochmals zu dopen.

Dank dieser Fehleinschätzung dürfte der ohnehin schwer angeknackste finnische Langlaufsport für absehbare Zeit erst einmal am Ende sein. Die gesamte Verbandsspitze erklärte ihre Bereitschaft zum Rücktritt. Die für den Sport zuständige Kultusministerin Kaarina Dromberg kündigte an, dass die Regierung alle öffentlichen Gelder für den Verband – jährlich 750.000 Euro – stoppen wolle. Viele Sponsoren dürften folgen. Auch die Verbandsunterabteilungen für Kombination, Skisprung, Alpin und Freestyle erklärten, nicht mehr mit den Dopinggenossen des Skilanglaufs unter einem Dach organisiert sein zu wollen. Kritik kam auch aus Deutschland. „Wenn es einem Verband nicht gelingt, seine Sportler in Bezug auf die Dopingproblematik in den Griff zu bekommen, sollte er keine Wettkämpfe mehr ausrichten dürfen. Wir möchten in Zukunft nicht mehr in Finnland starten“, gab Ski-Langlauf-Bundestrainer Jochen Behle bekannt. REINHARD WOLFF