: Die Bosse beteuern ihre Unschuld
Tag 2 im Mannesmann-Prozess: Gewerkschaftsmann Zwickel verteidigt sich gegen Vorwürfe der Anklage: „Ich war nie käuflich.“ Bankchef Ackermann spricht von „vernünftiger unternehmerischer Entscheidung“. Und Ex-Chef Esser ist „beleidigt“
AUS DÜSSELDORF PASCAL BEUCKER
Als IG-Metall-Chef liebte Klaus Zwickel starke Worte. „Unanständig hoch und für keinen Arbeitnehmer mehr nachvollziehbar“, schimpfte der Gewerkschaftsboss kraftmeierisch über die exorbitant hohen Abfindungen und Prämien an die Topmanager des Mannesmann-Konzerns nach der Übernahme durch Vodafone. Besonders die Zahlungen an Vorstandschef Klaus Esser empörten ihn. Solche „Auswüchse des globalen Kapitalismus“ seien der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln. Das war vor vier Jahren. Gestern, am zweiten Verhandlungstag im Mannesmann-Prozess, hatte sich Zwickel vor dem Düsseldorfer Landgericht für sein damaliges Handeln zu rechtfertigen. Denn die Faust des Protestes hatte er seinerzeit nur für die Öffentlichkeit geballt.
Jetzt räumte der 64-Jährige vor Gericht einen Fehler ein: nein, nicht den, dass er nicht gegen die Millionen-Abfindungen aufbegehrte und sich im Mannesmann-Aufsichtsrat nur der Stimme enthalten hatte. Doch sei die damalige Pressemitteilung, in der er die Höhe der Abfindungen geißelte, falsch gewesen.
Bei den Abstimmungen über die Millionen-Prämien habe er sich der Stimme enthalten, weil er empfunden habe, dies sei keine Angelegenheit für Arbeitnehmervertreter. Gleichzeitig habe er aber durch die Enthaltung deutlich machen wollen, dass er die Höhe nicht akzeptiere. Es gebe aber keine Zweifel an deren Rechtmäßigkeit und internationaler Angemessenheit. „Ein Arbeitsleben lang habe ich mich für die Gemeinschaft eingesetzt – das war auch meine Handlungsmaxime im Aufsichtsrat“, bekundete der einst mächtigste Gewerkschaftsführer Europas. Und: „Ich habe in meinem Leben viele Kompromisse gemacht, aber käuflich war ich nie.“
Neben Zwickel ließen sich gestern auch die anderen Angeklagten im Saal L 111 des Düsseldorfer Landgerichts zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen aus. Der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zu den Megaprämien: „Wir haben eine vernünftige unternehmerische Entscheidung getroffen.“ Nachträgliche freiwillige Zahlungen seien im Wirtschaftsleben üblich und legal. Bei der 15,9-Millionen-Euro-Prämie für Esser habe es sich um „eine außergewöhnliche Anerkennung für eine außergewöhnliche Leistung“ gehandelt, so Deutschlands mächtigster Banker in einer 45-minütigen Erklärung.
Dass die Entscheidung für Essers Millionenprämie innerhalb weniger Minuten gefallen sei, sei nicht – wie die Staatsanwaltschaft offenbar glaube – ein Beleg für kriminelle Energie, sondern höchstens für den Kulturunterschied zwischen Behörden und Wirtschaftsunternehmen. Ackermann mit sichtlichem Vergnügen: „Der ganze Übernahmekampf hat drei Monate gedauert, das Ermittlungsverfahren dazu drei Jahre.“
Klaus Esser attackierte in seiner mehrstündigen Stellungnahme vehement die Staatsanwaltschaft. Mit Blick auf den Vorwurf der Käuflichkeit warf er den Anklägern „Verleumdung und Beleidigung“ vor. Mit aller Macht habe die Behörde dafür gekämpft, in seinem Fall eine öffentliche Vorverurteilung wegen Käuflichkeit zu erreichen. Sie habe Vorwürfe der Bestechung, der Käuflichkeit und schließlich gar einer Verschwörung gegen die Mannesmann AG erfunden.
Dabei sei noch keine Bezahlung eines Vorstandes rechtlich vorab so intensiv geprüft worden wie diese Millionenprämie. Unangemessen findet der Manager den Millionenregen auch heute noch nicht. „Es trifft keineswegs zu, dass solch ein Bonus in Deutschland einzigartig gewesen wäre, nicht einmal in der Höhe“, betonte Esser. Aber es sei der einzige Fall gewesen, wo dies öffentlich gemacht worden sei.