Prager Regierung bleibt im Amt

Misstrauensvotum gegen das Kabinett von Regierungschef Vladimír Špidla scheitert knapp. Doch von Einigkeit sind die Sozialdemokraten weit entfernt

PRAG taz ■ Tschechiens Regierungschef Vladimír Špidla kann aufatmen: seine sozialliberale Regierung kann erst einmal weitermachen. Ein Misstrauensvotum gegen das Kabinett Špidla, das seit Juni vergangenen Jahres im Amt ist, scheiterte gestern im Abgeordnetenhaus mit 101 zu 99 Stimmen nur knapp.

Das Damoklesschwert, das sich Špidla vergangenen Dienstag durch seine Entscheidung, die Vertrauensfrage zu stellen, selbst über den Kopf gehängt hatte, baumelte jedoch an einem dünnen Faden. Die Regierung hat im 200-köpfigen Abgeordnetenhaus eine Mehrheit von nur einer Stimme. Und dass die Opposition aus Bürgerdemokraten und Kommunisten, deren Zuneigung seit Jahresbeginn immer offener zur Schau getragen wird, gegen die Regierung stimmen würden, war klar. Und auf seine Sozialdemokraten, die seit dem Gerangel um die Wahl eines neuen Präsidenten bis aufs Blut zerstritten sind, konnte sich Špidla nicht so hundertprozentig verlassen, wie es seinen Nerven vielleicht gut getan hätte.

Zu guter Letzt blieb dann alles ganz undramatisch: in der öffentlichen Abstimmung siegten Parteidisziplin und Angst vor Neuwahlen, die die Sozialdemokraten Umfragen nach verlieren würden. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt dennoch – schließlich sind die Sozialdemokraten weit davon entfernt, eine einige Partei zu sein. Auf den begeisterten Hobby-Langstreckenläufer Špidla wartet die nächste Hürde schon Ende März. Dann findet der sozialdemokratische Parteitag statt, auf dem Špidla als Parteichef gestürzt werden soll.

Die gestrige Vertrauensabstimmung war ein Schachzug des Regierungschefs, um sich im eigenen Lager zu behaupten. Grund für den sozialdemokratischen Bruderzwist sind eigentlich eher verletzte Eitelkeiten als Grundsatzdiskussionen: Expremier Miloš Zeman wurde im Februar nicht zum Präsidenten der Tschechischen Republik gewählt, und das mit Hilfe der eigenen Genossen. Der Geschmähte, der sich damals ungewohnt kleinlaut auf sein Landhaus im böhmisch-mährischen Hochland zurückgezogen hatte, wobei er im vergangenen Sommer noch großspurig angekündigt hatte, sich aufs politische Altenteil zurückziehen zu wollen, sinnt auf Rache. Und zerstört dabei sein eigenes Lebenswerk: Bei den entscheidenden Präsidentenwahlen am 28. Februar haben Zeman-Treue gegen den Kandidaten der eigenen Partei gestimmt und damit den einstigen Erzrivalen Václav Klaus zum Präsidenten gemacht. ULRIKE BRAUN