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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Deutsche Bank-Chef Ackermann nutzt den Gerichtssaal als Agitprop-Bühne. Florian Gerster muss gehen, obwohl nicht ganz klar ist, was ihm das Genick gebrochen hat. Und die Regierung macht, was sie am besten kann: Fehler

Von SR

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Der Abschied von Florian Gerster hat die Unverschämtheit des Jahres – alle holen klammheimlich eben schnell ihre weiterführenden Reformversprechen zurück – vollständig abgedeckt.

Was wird besser in dieser?

Es sollte gelingen, beim Thema Reform wieder anzuknüpfen.

Woran ist Gerster gescheitert? An der Unmöglichkeit, so einen Koloss wie die Bundesanstalt für Arbeit umzubauen? An dem neumittigen Irrtum, dass es in der Mediengesellschaft mehr auf Image als auf Fakten ankommt? Oder an einer Intrige?

Dass ein Sanierer nicht zum Lieblingskollegen gewählt wird, ist logisch. Er sollte also viel Können bei Motivation und ideeller Führung mitbringen. Gerster wurde reihum Kälte und Arroganz attestiert. Und oft war zu hören, er werde gemobbt. So oft, dass man fürchtete, einer cleveren Medienstrategie auf den Leim zu gehen, wenn man ihn zu verteidigen suchte. Unterm Strich bleibt die Notwendigkeit, auch an einer Behörde zu arbeiten, die das zentrale Problem dieser Gesellschaft seit mehr als 20 Jahren jedenfalls auch nicht gelöst hat.

Ist Gerster, wie oft behauptet, ein Blender, der vor allem kein Sozialdemokrat mehr sein wollte?

Jeder Unternehmer würde sich verschiedene Sanierungskonzepte vorlegen lassen und wäre froh, die Urheber der überzeugendsten Konzepte dann in den Sanierungsprozess reinholen zu können. In Gersters Unfähigkeit, diesen – nüchtern betrachtet: vernünftigen – Prozess öffentlichkeitskompatibel zu managen, zeigt sich doch eher etwas sehr herkömmlich Apparathaftes.

Um Geld und Image geht es im Mannesmann-Prozess. Worum geht es genau? Um Korruption? Darum, dass in Deutschland anders als in den USA Abfindungen in solchen Höhen nicht üblich sind und nicht sein dürfen?

30 Millionen Euro Geschmeidigkeitsprämie für hilfreiche Assistenz beim Zerschlagen von Arbeitsplätzen ist qualitativ etwas anderes als die 40 Millionen Euro, die Gerster immerhin zum Nutzen seines Unternehmens angelegt hat. Der Düsseldorfer Mannesmann-Prozess ist der bisher originellste Wiedergänger von Stammheim: Eine selbst ernannte Elite, jederzeit gehaltbereit, zelebriert ihre ganze Verachtung des Rechtsstaats – bis hin zu Ackermanns peinlichem „Victory“-Fingerzeichen, wie einst bei der RAF ein doppelter Stinkefinger für Recht und Gericht. „Leistung muss sich wieder lohnen“, dröhnte die FDP – „in Deutschland wird man für das Schaffen von Werten bestraft“ ist Ackermanns larmoyante Coverversion. Eine hübsche Entzauberung.

Die Rebellion im BKA gegen den Berlin-Umzug scheint kein Ende zu nehmen. Ist doch ein gutes Zeichen, dass auch deutsche Kriminalisten demonstrieren, wenn ihnen was nicht passt. Kein Untertan nirgends, oder?

… und, so schwer es einem fällt, ein weiteres Indiz, dass diese Bundesregierung keinerlei Kredit nirgends mehr zu genießen scheint und bei jeder Entscheidung erst mal durchgespielt wird, ob man’s nicht medial zur Demontage von Verantwortungsträgern hoch spielen kann. Sind das nicht Beamte, deren böse Privilegierung anderntags voll rhetorischem Furor gegeißelt wird?

Morgen wird, wie jeden 27. 1. seit 1996, offiziell der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Mutet noch immer ziemlich künstlich an dieser Gedenktag, oder?

Ja. Andererseits ist nicht passiert, was die Gegner der Bubis-Initiative damals vorbrachten: Die Erinnerung an den Holocaust werde sozusagen auf einen Tag pro Jahr vermindert und weggefeiert. In diesem Licht kann man auch die Debatte um das Holocaust-Denkmal entspannter sehen.

Was würden Sie gern von Friedrich Merz zum 27. 1. hören?

Nichts.

Am Wochenende fängt die Bundesliga wieder an. War es sehr langweilig ohne?

Nein. Es gibt ja offenbar den neuen Trend, dass die Vereine in der spielfreien Zeit vom Sport- in den Wirtschaftsteil hüpfen und uns von dort aus weiterunterhalten.

Und was macht Borussia Dortmund?

Das Richtige: Bevor sie sich noch dazu verlaufen, ihre Urenkel an Kreditgeber zu verpachten, verkaufen sie, wenn’s auch wehtut, Investitionsgüter. Hat mich aber auch eine Woche gekostet die Erkenntnis. Wird mit einem hohen Sieg gegen Schalke am Freitag belohnt, übrigens. Doch. Bestimmt. Jaja.

FRAGEN: SR