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Archiv-Artikel

Königin der Zahlen

Evaluierungskommission hält Hamburgs Olympia-Bewerbung für die mit Abstand beste. Ob sich die Mitglieder des Nationalen Olympischen Komitees davon beeindrucken lassen, ist offen. MdB Klimke: Hamburg „Favorit der deutschen Herzen“

von GERNOT KNÖDLER

Der Spitzenläufer kann es sich leisten, hanseatisches Understatement zu pflegen. „Das Wichtigste ist jetzt, dass Deutschland Austragungsort für die Olympischen Spiele 2012 wird“, sagte Bürgermeister Ole von Beust (CDU), nachdem die Evaluierungskommission des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) ihren Bericht über die Bewerber-Städte für die Spiele 2012 vorgestellt hatte. Hamburg liegt, gemessen an den Kriterien des Nationalen und des Internationalen Olympischen Komitees, im nationalen Rennen vorn (siehe Kasten). NOK-Präsident Klaus Steinbach dämpfte allzu weitreichende Hoffnungen. „Der Bericht ist eine hervorragende Grundlage zur Meinungsbildung“, sagte er. „Jede Stadt hat noch eine Chance.“

In das gleiche Horn stieß der Kommissionsvorsitzende Dieter Graf Landsberg-Velen: „Alle Bewerber haben die Qualifikation für den Endkampf geschafft.“ Hamburgs Olympia-Botschafter Uwe Seeler blieb deshalb bei der Sport-Metaphorik und kündigte an: „Wir wollen den Ball ganz flach halten.“ Es gebe keinen Grund, jetzt schon Folgerungen zu ziehen.

In der Tat kommt es für die Bewerber jetzt darauf an, die Mitglieder des NOK emotional für die eigene Stadt als Austragungsort zu begeistern. Dabei werden mehrere Seelen in der Brust der Verbandsfunktionäre kämpfen: Verbandsinteressen, Lokalpatriotismus und die Einschätzung, welche deutsche Bewerberin wohl die größten Chancen hätte, sich international gegen Konkurrentinnen wie Paris oder Madrid durchzusetzen.

Ein Beispiel dafür lieferte NOK-Mitglied Gerhard Meyer-Vorfelder: „Wenn man überhaupt eine Rangfolge nennen kann, dann die, dass Hamburg vorn ist“, sagte der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Der entscheidende Gesichtspunkt bei der Wahl sei ohnehin die internationale Durchsetzbarkeit. Der Schwabe hofft, „dass Stuttgart trotzdem eine Chance hat“. Handelskammer-Präses Karl-Joachim Dreyer dagegen findet, Meyer-Vorfelder müsse den international aussichtsreichsten Kandidaten unterstützen: „Das ist nach Auffassung der Kommission Hamburg.“ Punkt.

Die Hamburger Politik reagierte erfreut. SPD-Landeschef Olaf Scholz warnte jedoch vor verfrühtem Jubel. In den Augen Verena Lappes von der GAL-Bürgerschaftsfraktion „rückt die Chance, Hamburg in einer nachhaltigen und ökologisch verantwortlichen Stadtentwicklungspolitik entscheidende Schritte voranzubringen, in greifbare Nähe“. Ihr CDU-Kollege Bernd Reinert zeigte sich „sehr zuversichtlich, dass sich die Vollversammlung des NOK am 12. April diesem Votum anschließen wird“. Der Wandsbeker Bundestagsabgeordnete Jürgen Klimke (CDU) setzte noch einen drauf: Hamburg habe international die besten Chancen, findet er: „Denn die Stadt ist auch der Favorit der deutschen Herzen!“

Ob er Recht behält, entscheiden am 12. April 73 NOK-Mitglieder, die über 137 Stimmen verfügen. Die Olympia-Bewerber werden sich in den verbleibenden vier Wochen besonders um die Voten der 32 Fachverbände mit olympischen Sportarten bemühen, deren Vertreter in München jeweils drei Blockstimmen zu vergeben haben.