Gestern am Rande einer messe
: Aus für Berufsvorbereitung

„Verschreckt und verärgert“

Der Leiter der Allgemeinen Berufsschule Bremen, Werner Ratt, versteht die Welt nicht mehr: „Jeder Jugendliche, der jetzt keinen Job findet, kostet den Staat in Zukunft doch einen Haufen Geld.“ Trotzdem wurde in Bremen die so genannte Berufsvorbereitung wegen Finanzierungsschwierigkeiten durch die Bundesanstalt für Arbeit gestrichen. Hier wurden bisher Jugendliche aufgefangen, die nach der Schule keinen Ausbildungsplatz gefunden haben (siehe taz von gestern). In einer Pressekonferenz machten die betroffenen Bremer Bildungsträger ihrem Ärger gestern Luft. Das Paradoxe: Die Aktion fand in einem Konferenzraum auf der just eröffneten Bremer Lernmesse im World Trade Center statt. Das Messeangebot, das unter anderem auch vom Arbeitsamt Bremen präsentiert wird, soll insbesondere Arbeitslose und Schulabgänger anlocken, die sich für den Arbeitsmarkt fit machen wollen. Deshalb drängelten sich gerade Schüler aus Abschlussklassen am Vormittag zwischen den Ständen. Und kaum eine der freundlichen Damen dahinter konnte den Weg zur Pressekonferenz weisen, die die Kehrseite der Medaille beleuchten sollte.

„Wir sind verschreckt und verärgert, dass dieses Bindeglied zwischen Schule und Beruf zerstört werden soll“, schimpfte der Leiter der Berufsvorbereitung und Erstausbildung im Bremer Arbeiter Bildungs Centrum Frank Grönegreß. Auch die Berufsberater im Arbeitsamt seien nicht in der Lage, diese Scharnierfunktion auszufüllen. Die Berufsvorbereitung beinhalte ein „enges Coaching“ durch Sozialpädagogen. Sie helfen den Jugendlichen nicht nur bei der Aufarbeitung schulischer Defizite und der Bewerbung um Praktika, sondern wollen vor allem individuelle Hemmnisse der Teilnehmer abbauen. Die Jugendlichen bräuchten, so Grönegreß, oft ein kontinuierliches Feedback, um ihren Bildungsweg so effektiv wie möglich gestalten zu können.

Die Maßnahmen dauern rund zehn Monate und sollen vor allem sozial benachteiligten Jugendlichen, darunter viele Ausländer und Aussiedler, auf die Sprünge helfen. Die Erfolgsquote spricht für sich: „80 Prozent der Absolventen haben danach Arbeit, einen Ausbildungsplatz oder gehen weiter zur Schule“, stellte der Leiter des Berufsfortbildungswerkes für Niedersachsen und Bremen Dieter Sommer fest. Die intensive Betreuung sei ein wichtiger Schritt gegen den sozialen Abstieg gewesen. Jetzt würden die Jugendlichen über kurz oder lang auf der Straße landen. Wie in der ganzen Republik werden auch in Bremen die Ausbildungsplätze nicht mehr, sondern immer weniger. Im Jahr 2002 wurden dem Bremer Arbeitsamt knapp 4.900 Ausbildungstellen gemeldet – dieses Jahr waren es nur noch 4.400. „Obwohl auch weniger Jugendliche auf der Suche sind, ist das eine deutliche Verschlechterung“, stellte der Leiter des Bremer Instituts für Arbeit und Jugend Paul Schröder fest. „Gerade sozial schwache Jugendliche stehen jetzt auf jeden Fall vor noch mehr vernagelten Türen“, sagte Schulleiter Ratt resigniert.

Nina Krüger