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Archiv-Artikel

„Das ist ein Strukturproblem“

Arbeitssenator Harald Wolf (PDS) verteidigt sich im Abgeordnetenhaus gegen den Vorwurf der Untätigkeit. Die neue Politik der Arbeitsämter, sich auf Arbeitslosengeldempfänger zu konzentrieren, will er nicht hinnehmen

Bis Mittag schaute Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) bei Menschen vorbei, die noch Arbeit haben, besuchte in Hannover Berliner Unternehmen auf der Technologiemesse Cebit, abends präsidierte er bei einem Treffen seiner Ministerkollegen aus den Ländern. Zwischendrin musste er im Abgeordnetenhaus Kritik aushalten, er tue als Arbeitssenator zu wenig für die, die keine Arbeit haben.

Arbeitsmarktpolitische Passivität hielt CDU-Fraktionschef Frank Steffel Wolf und dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) vor. „Völlig versagt“ haben SPD und PDS in diesem Bereich für den FDP-Mann Rainer-Michael Lehmann. „Initiativlose Untätigkeit“ lautete der Vorwurf der grünen Fraktionsvorsitzenden Sibyll Klotz. Sie kritisierte, dass Wolf es als Angelegenheit der Betriebe und Tarifpartner betrachte und es nur begrüße, wenn Betriebe Überstunden in bezahlte Beschäftigung umwandeln. „Mensch, Herr Wolf, Sie sollen doch nicht nur begrüßen, sie sollen öffentlich anregen und mit den Akteuren verhandeln“, sagte Klotz.

Vier der fünf Fraktionen hatten die Arbeitsmarktpolitik zum Thema der aktuellen Stunde im Plenum machen wollen. Nur die FDP wollte, trotz der auf ein neues Rekordhoch gestiegenen Berliner Arbeitslosenzahl von fast 318.000, über Vorbereitungen auf den 1. Mai sprechen. „Wir fanden, das konnte nicht warten“, sagte Fraktionssprecherin Christian Vardakis.

„Die Trendwende schaffen – innovative Arbeitsmarktpolitik für unsere Region“, lautete schließlich die von den Regierungsfraktionen SPD und PDS durchgesetzte Formulierung für den Schlagabtausch. Innovatives war aber wenig zu hören, als Carola Freundl (PDS) und Burgunde Grosse (SPD) ans Mikro traten, stattdessen viele Allgemeinplätze. Grosse forderte, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe zu machen, Freundl glaubte betonen zu müssen, „dass Arbeitslose unsere volle Unterstützung brauchen“.

Wolf, der vorige Woche nach Bekanntwerden der jüngsten Arbeitslosenzahlen die Bundesregierung angegriffen und Reformen verlangt hatte, verteidigte seine Kritik: „Es gehört in die Verantwortung eines Länderministers oder Senators, diese Notwendigkeiten zu benennen.“

Zugleich verwahrte er sich gegen den Vorwurf, die Landesregierung sei für die Arbeitsmarktmisere verantwortlich. Die Wachstumsraten seien nicht wegen Rot-Rot so schlecht: „Das ist ein Strukturproblem.“ Der Opposition hielt er vor, Dinge zu fordern, die der Senat längst tue. Nicht hinnehmbar ist für ihn die neue Politik der Bundesanstalt für Arbeit, sich auf „teure“, besser vermittelbare Arbeitslosengeldempfänger zu konzentrieren.

Keine große Hoffnung setzt Wolf vor dem Hintergrund von nur 7.000 gemeldeten offenen Stellen in Berlin in eine Umsetzung der Hartz-Vorschläge. Diese Zahl hielt er für „vielleicht noch viel erschreckender“ als das neue Arbeitslosenhoch von 318.000. Angesichts dessen sei die von Hartz geforderte schnellere Vermittlung zwar zu unterstützen, „löst aber nicht das Problem“. STEFAN ALBERTI