: Sensation: Olympische Spiele an der Elbe
Bürgermeister, Sportsenator und Tennisstar freuen sich auf die Titelkämpfe der Menschen mit geistiger Behinderung. Mit den Special Olympics im Juni arbeitet Hamburg unverdrossen am Image einer Sporthochburg im Norden
von PETER AHRENS
In Wahlkampfzeiten geschehen Wunder. Zum Beispiel das Mirakel, dass „Olympia doch noch nach Hamburg kommt“, wie Bürgermeister Ole von Beust (CDU) verkünden darf. Gut, es sind nicht Dirk Nowitzki oder Lance Armstrong, die im Juni Beweise ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit in der Hansestadt ablegen. Die Spiele, die Hamburg vom 14. bis zum 19. Juni austragen wird, sind die Special Olympics – die Wettkämpfe der Menschen mit einer geistigen Behinderung. Zwar sind es nur die deutschen Titelkämpfe, aber der Titel „Special Olympics National Games“ klingt zumindest reichlich international.
Vier Wochen vor der Neuwahl geht der Bürgermeister gern mit guten Nachrichten vor die Presse. Im Schlepptau hat er den Sportsenator und FDP-Spitzenkandidaten Reinhard Soltau, der unverdrossen der Ansicht ist, dass „der Schwung der Olympiabewerbung Hamburgs aus dem Vorjahr mitgenommen werden muss“, um zu belegen, welch großartige Sportstadt von ihm mitregiert wird. Den Triathlon-Weltcup, den Hanse-Marathon und das Radrennen der Cyclassics zählt Soltau auf und wedelt mit einer Broschüre, die nachweisen soll, dass sportlich das ganze Jahr schwer was in Hamburg los ist – wie die Drachenboot-Regatta im August, das Frauen-Poloturnier im April oder gleich zu Jahresbeginn das Fußballhallenturnier um den Salzbrenner-Cup, gesponsort vom Würstchenproduzenten selben Namens. Wer Soltaus schwärmerische Ton hört, könnte leichte Zweifel bekommen, ob der Senator tatsächlich mitbekommen hat, dass nicht die Hansestadt, sondern das ferne Leipzig den Zuschlag als deutsche Olympiastadt erhalten hat.
Dabei sind die deutschen Titelkämpfe der Special Olympics durchaus ein Sportereignis von Rang und Dimension. Mehr als 3.500 SportlerInnen haben sich schon angemeldet, wie bei den „großen“ Olympischen Spielen wird geschwommen, geritten, geradelt, gekickt und gelaufen. Zentrale Bühne soll der Stadtpark sein, damit die HamburgerInnen möglichst viel von den Wettkämpfen mitbekommen.
Die Special Olympics wurden in den 60er Jahren in den USA gegründet, seit 1991 hat die Organisation einen Ableger in Deutschland, und statt der Medaillenhatz steht die individuelle Leistung aller Teilnehmenden noch ganz in Baron de Coubertins Sinne vornan: Jeder, der antritt, erhält eine Auszeichnung.
Um Sponsoren anzulocken, die nötig sind, um die Kosten von mindestens 800.000 Euro abzudecken, sitzen auch Ex-Wimbledonsieger Michael Stich und der Torwart des Hamburger SV, Martin Pieckenhagen, vorn neben dem Bürgermeister, machen brav ihre Honneurs und firmieren ansonsten als offizielle Paten der Veranstaltung. Stich weiß um seine lokalpatriotische Pflicht, spricht davon, dass „Hamburg ein optimaler Ausrichter dieser Veranstaltung sein kann“, Ole von Beust nebenan lächelt milde, und die SPD hat wieder einen Anlass mehr, sich zu ärgern. Das sind Termine mit Bürgermeister-Bonus.