: Der Unschulds-Strauß
Prozess wird fortgesetzt. Verteidiger: Ein neuer Gutachter soll urteilen, ob Politikersohn verhandlungsfähig ist
MÜNCHEN taz ■ Doch, seinem Mandanten gehe es heute besser, ließ Anwalt Wolfgang Dingfelder vor Beginn des zweiten Prozesstages gegen Max Strauß wissen. Gut, dass er das gesagt hat. Denn anzusehen war es dem Angeklagten nicht. Die Bilder aus dem Augsburger Landgericht zeigen einen teilnahmslosen Riesen, der es vermeidet, anderen in die Augen zu schauen. Und der jede Schuld bestreitet: Er habe nichts von den Treuhandkonten des Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber gewusst und auch nicht über sie verfügt, ließ der Politikersohn über seine Anwälte verlesen.
Richter Maximilian Hofmeister lehnte gestern zwei Anträge ab, mit denen die Verteidigung den Prozess stoppen wollte. Hofmeister befand, er sei sehr wohl für den Fall zuständig, auch wenn Strauß in München wohnt. Schließlich verhandele das Landgericht Augsburg auch das Verfahren gegen Schreiber, das eng mit dem Fall Strauß verzahnt ist. Strauß wird beschuldigt, von Schreiber erhaltene Provisionen in Höhe von 2,2 Millionen Euro nicht versteuert zu haben.
Außerdem wies Richter Hofmeister einen Befangenheitsantrag gegen den Gerichtsmediziner Richard Gruber zurück, der Strauß für verhandlungsfähig erklärt hatte.
Die Verteidigung versucht weiter, das Verfahren zu verschleppen. In zwei neuen Anträgen forderte sie das Gericht zum einen auf, entweder die Verfahren gegen Schreiber und Strauß zusammen zu verhandeln oder sie förmlich abzutrennen. Dann wäre die Zuständigkeit wieder in Frage gestellt. Zudem beantragten die Anwälte ein neues medizinisches Gutachten für den psychisch angeschlagenen Strauß.
Auch die Affäre um die zeitweilig gepfändete Familiengruft der Familie Strauß kam zur Sprache. Richter Hofmeister wunderte sich, dass der Fall „gerade jetzt an die Öffentlichkeit gekommen ist“. Der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) hat sich inzwischen für das Vorgehen der Finanzbehörden entschuldigt. Der CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag, Joachim Hermann, befand, die Angelegenheit sei „saudumm gelaufen“. JÖRG SCHALLENBERG