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Archiv-Artikel

Schutzraum für Abhängige

Nach langjähriger Debatte wurden gestern die ersten beiden Dorgenkonsumräume in Moabit und Kreuzberg eröffnet. Überzeugungsarbeit bleibt weiterhin notwendig

Die Wände sind in hellem Pastelltönen gehalten, die Einrichtung ist spartanisch und funktional: Edelstahltische, von denen sich Blut und Drogenrückstände leicht abwischen lassen. Eine Absauganlage, damit das medizinische Personal nicht den heroingeschwängerten Rauch einatmen muss. Auf einem Regal in der Ecke liegen Stauschläuche zum Abbinden des Arms, Nierenschalen mit Spritzen, Kanülen, Tupfern und sterilem Wasser zum Aufkochen der Droge.

Nach langjähriger, erbitterter Diskussion ist es so weit. In Berlin wurden gestern zwei Drogenkonsumräume eröffnet. Die Ladenwohnungen, in denen sich die Abhängigen unter hygienischen Bedingungen und ärztlicher Aussicht ihren selbst mitgebrachten Stoff injizieren und auf Wunsch auch Beratung und Hilfe finden können, befinden sich in der Dresdner Straße in Kreuzberg und in der Strom-, Ecke Birkenstraße in Moabit. Ein Bus, das so genannte Drogenmobil, verkehrt bereits seit November zwischen Bahnhof Zoo und U-Bahnhof Kurfürstenstraße.

Großstädte wie Hamburg und Frankfurt verfügen schon seit vielen Jahren über Drogenkonsumräume. In Berlin war das Vorhaben nicht durchsetzbar, solange die Stadt von SPD und CDU regierte wurde. Als er vor zwei Jahren nach Berlin gekommen sei, habe es ihn schon etwas erstaunt, dass Berlin in der Frage so hinterher sei, sagte Gesundheitsstaatssekretär Herrmann Schulte-Sasse (parteilos) gestern bei der Eröffnungsfeier im Drogenkonsumraum Birkenstube.

Nicht nur in dem der zur Gesundheitsverwaltung gehörenden Landesdrogenreferat mussten Schulte-Sasse und Gesundheitssenatorin Heidi Knake- Werner (PDS) Überzeugungsarbeit leisten. Auch Polizei und Staatsanwaltschaft, „was bei der Staatsanwaltschaft etwas schwieriger war“, so Schulte-Sasse, galt es zu überzeugen.

Konfliktstoff werden die Räume auch weiterhin bieten. Vor der Birkenstube protestierte gestern eine Gruppe von zumeist älteren Anwohnern mit Unterstützung der CDU gegen die „Fixerstube“. Man befürchte, dass die Drogenszene angelockt werde und sich die Junkies auf den Spielplätzen breit machten, wenn der Laden geschlossen sei. „Der Kiez wird verslumen“, so die Prophezeiung.

Die Betreiber nehmen die Proteste der Anwohner sehr ernst. In den vergangenen Wochen habe es wiederholt runde Tische gegeben, sagt Astrid Leicht, Projektleiterin der Drogenberatungsstelle Fixpunkt. Sie könne die Ängste verstehen. „In der Praxis“, so die Erfahrung der langjährigen Drogenberaterin, „gibt es aber selten Probleme“. So war es meistens. Immer wenn Modellprojekte in der Drogenpolitik umgesetzt werden sollten, gab es heftigen Widerstand. „Aber kaum hängt der Spritzenautomat“, so Leicht, „kräht kein Hahn mehr danach.“ PLUTONIA PLARRE