berliner ensemble : Kultur der Kulturlosigkeit
Man muss nicht zu den Fans des Berliner Ensembles und seines bildungsbürgerlichen Konzepts gehören. Respekt jedoch gebührt Claus Peymann allemal. Der Theaterdirektor hat das Haus übernommen, als es am Boden lag. Heute ist es die erfolgreichste Bühne in der Stadt, erwirtschaftet Gewinn und wird zu Theaterfestivals eingeladen. 210.000 Besucher kommen pro Spielzeit, was einer Platzauslastung von knapp 87 Prozent entspricht. Dass Peymann sich in den Zahlen eitel spiegelt, gehört zum Geschäft – ebenso wie seine jährlichen Drohungen, Berlin zu verlassen, wenn das Land beim BE den Rotstift ansetzen will.
Kommentar von ROLF LAUTENSCHLÄGER
Die erneute Ankündigung vom Abschied bedeutet diesmal mehr, als nur mit Streitlust oder Theaterdonner die Kulturpolitik seiner selbst zu inszenieren. Peymann ist zu Recht sauer, denn mit der Entscheidung des Landes, seine Lottomittel nicht mehr zur institutionellen Förderung freizugeben, begibt es sich nah an den Rand des politischen und juristischen Vertragsbruchs. Geholt hat Berlin den Burgtheaterdirektor, weil es ihn wollte: als Aushängeschild für das BE, die Stadt und ihre Theaterlandschaft. Dass Peymann nicht umsonst zu kriegen ist, war ebenfalls klar. Und dass man ihm Lottomittel versprochen hatte, hat der BE-Chef schwarz auf weiß.
Jetzt soll das Letztere nicht mehr gelten und das BE sich wie andere Theater auch beschränken. Wenn diese das mitmachen, ist der Schaden für die Kultur schon groß genug. Doch wenn gar der Landeschef für das verabredete Wort nicht mehr einstehen will, zeugt das von gefährlicher Kulturlosigkeit.
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