: Entwicklungshilfe ohne Geld
Die Vereinten Nationen wollen Sport als Mittel der Friedensförderung verstärkt fördern. Doch hierzulande wird das Geld knapp: Im vergangenen Jahr hat das NOK drei Kurzzeitprojekte gestrichen
von MARTIN GROPP
Der Sportbeauftragte der Vereinten Nationen brachte es auf einen Nenner: „Jetzt geht es darum, das globale Netzwerk für Sport und Entwicklung auszubauen“, sagte Adolf Ogi Mitte Februar auf der „UN-Konferenz für Sport und Entwicklung“. Tenor der mehr als 300 Teilnehmer: Sport soll ein wichtiger Bestandteil der Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung werden.
Von Deutschland kann Ogi beim Ausbau seines globalen Netzwerks vorerst keine Hilfe mehr erwarten. Die Sportentwicklungshilfe, lange ein über Parteigrenzen hinweg unterstütztes Projekt mit dem Ziel der Sympathiewerbung, leidet hierzulande unter Geldmangel. „In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Fördersumme für unsere Organisation halbiert“, sagt Georg Kemper vom Nationalen Olympischen Komitee (NOK). Die Folgen: 2002 musste das NOK drei Kurzzeitprojekte absagen. Und zum ersten Mal seit Jahren startete kein neues Langzeitprojekt. Im Gegenteil: Das NOK legte sechs bereits beantragte Langzeitförderungen vorerst auf Eis.
Das Auswärtige Amt sponsert im Rahmen der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik seit mehr als 40 Jahren die Sportentwicklungshilfe des NOK. Und das mit Erfolg, wie Innenminister Otto Schily herausstreicht. Gemessen an den ausländischen Resonanzen sei „die Sportförderung ein außerordentlich erfolgreiches Mittel der auswärtigen Kulturpolitik“, so Schily.
Ohne das Geld vom Staat wäre beispielsweise ein Hockeytrainer wie York Schumacher nicht in Bangladesch, um dort junge Hockeytalente zu fördern. Der Bremer lebt seit Oktober 2000 in der bangladeschischen Hauptstadt Dhaka, wo er eines von derzeit noch drei Langzeitprojekten des NOK führt. Schumacher trainiert Jugend-Nationalmannschaften und berät den Trainer der Herrenauswahl. Außerdem bildet er Übungsleiter und Schiedsrichter aus. „Die Sportförderung im Ausland durch das NOK ist eine großartige Sache“, sagt Schumacher. „Allerdings muss vorab sichergestellt sein, dass der Partner vor Ort auch tatsächlich mitarbeitet.“ Machtkämpfe innerhalb des bangladeschischen Hockeyverbandes hätten seine Arbeit immer wieder blockiert. Es gebe in Dhaka zu viele Hockeyfunktionäre, die nur aus Eigeninteresse eine Position übernommen hätten und „nicht aus Interesse an der Sportart oder gar mit Zielen und Idealen“, so Schumacher. Wegen dieser Schwierigkeiten wird das auf maximal vier Jahre angelegte Projekt im Mai dieses Jahres vorzeitig enden. „Wenn die Funktionäre vor Ort mitgezogen hätten, wäre das Projekt durchaus verlängert worden“, sagt NOK-Mann Kemper. „Was bleibt, sind viele gute Anregungen, aber nur wenig praktische Veränderungen“, bemerkt Schumacher.
Derweil laufen in Nepal und Indonesien die beiden anderen Langzeitförderungen des NOK. Beide Projekte liegen in der Obhut des Deutschen Leichtathletikverbands. Die Kurzzeitförderungen umfassen in diesem Jahr unter anderem Fußball in Afghanistan, Frauensport in Südafrika und Leichtathletik in Vietnam. Der ostasiatische Staat war schon im November vergangenen Jahres Ort eines besonderen Projekts: Der deutsche Sportjournalist Martin Hägele bildete in Hanoi Sportjournalisten fort. „Die Reaktionen der vietnamesischen Journalisten lassen nur einen Schluss zu: Man möchte auf diesem Gebiet noch mehr aus Deutschland lernen“, zieht Hägele Bilanz.
Wegen des Sparkurses bei der Sportentwicklungshilfe wird es künftig dennoch immer weniger Projekte wie in Vietnam oder Bangladesch geben. Seit 1998 hat das Auswärtige Amt die Mittel für die Sportförderung um rund 17 Prozent zurückgefahren. Grund seien die allgemeinen Sparzwänge, sagt eine Außenamtssprecherin, die Sportentwicklungshilfe sei davon jedoch nicht stärker betroffen als andere Bereiche. Dennoch: Weniger Geld bedeutet zwangsläufig weniger Projekte – und damit weniger Möglichkeiten zur Sympathiewerbung, meint Georg Kemper vom NOK. „Und das kann im Rahmen der deutschen Olympiabewerbung nicht unbedingt produktiv sein“, sagt er.