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Archiv-Artikel

Was nun, Frau Baier?

Die Fotografin Julia Baier verlässt die taz. Wir zeigen eine Auswahl ihrer besten Bilder

Behaarte Beine, eine Reihe Männerhintern, Hinterköpfe – das war das Bild, das Julia Baier einst in die Redaktion brachte, als sie vom rituellen regelmäßigen Werder-Fototermin kam. Während ihre Kollegen von anderen Medien sich vor den zum Gruppenbild aufgebauten Werder-Recken drängelten, ging Julia einfach um den ganzen Haufen herum und fotografierte die Mannschaft von hintenf, samt links und rechts davon ausufernder Medienmeute – „DAS ist das richtige taz-Foto“, sagte der Redakteur von damals. Das ist der etwas andere Blick der taz, den Julia Baier in ihren sechs Jahren bei unserer kleinen Zeitung entscheidend mitgeprägt hat. Julia beglückte ihre schreibenden Kollegen mit schlichtem Können: Was sie aus den Skizzen machte, die oft selbst noch unwissende Redakteure ihr zur Bebilderung eines Textes stammelnd mit auf den Weg gaben – das gab den Thema immer noch eine ganz neue, andere Nuance oder brachte es mindestens so gut wie der Text auf den Punkt. Julia Baiers Bilder sind längst legendär: das der Menschenschlange vorm niederländischen Pavillon der Expo. Oder das der geraniengefüllten Idylle des Cafés auf Harriersand vor der Silhouette des Industriehafens am anderen Weserufer. Oder das der dicken Badenixen im Freibad Blumenthal – oder war‘s im Stadionbad? Egal, Julia Baier ist nämlich zudem die fotografische Chronistin der Bremer Bäder. Frauen mit geschlossenen Augen, das Wasser bis zur Brust, bei nasser Gymnastik. Knirpse, deren kleine Körper vom Fünf-Meter-Brett dem Becken entgegenrasen. Menschen in Schlappen, Frotteemänteln – und in all ihrer schönen, nüchternen Körperlichkeit.

Julia Baier ist nicht nur eine grandiose Fotografin – sie war eine wunderbare Kollegin. Sie begriff sich als gestaltenden Part der Zeitung, sie prägte sie mit. Mit bezaubernder, weil gänzlich unaufdringlicher Stetigkeit platzierte sie ihre Bilder im Blatt, überzeugte auch mal, dass ein Bild mehr von ihr besser sei als nochmal 80 Zeilen Text – und sie behielt Recht. Rotierte der Chef vom Dienst in seinem eigenen Schweiß, mimte sie mit ihren prompt gelieferten Bildern das einzige Element, das reibungslos funktionierte. Stürzte einem Kollegen eine Idee ab – Julia hatte eine neue.

Julia Baier ist aus der taz herausgewachsen – das haben wir alle seit langem gespürt und uns über jeden Tag gefreut, an dem sie noch da war. Nun geht sie. In die Welt. „Irgenwann wird sie nicht mehr hier wohnen“, sagt eine Foto-Kollegin, „dann wird sie nur noch in der Welt herumjetten.“ Und fotografieren. Wir wünschen alles, alles Gute! Und ab und an mal ‘ne Postkarte. die bremer tazzen