: „Eventmanagement statt Politik“
betr.: „Geld soll Unis spitz machen“ u.a., taz vom 27. 1. 04
„Eventmanagment statt Politik“ scheint das Motto der Bundesregierung zu lauten. Der Bund streicht wichtige Gelder zum Hochschulbau und spielt stattdessen eine Akademikerrunde von DSDS mit Bulmahn statt Bohlen in der Jury. Bedenklich ist besonders die einseitige Orientierung auf so genannte Innovationsfächer. Von allgemeinen Chancen auf Bildung und den Notwendigkeiten von wirklichen Volluniversitäten spricht indes auch die innovative Regierung kein Wort. Weder gibt es Konzepte zu besserer Lehrerausbildung, Investitionsschübe in bezahlbare Kindergartenplätze oder gar die Beantwortung der Frage, ob Geisteswissenschaften in Deutschland noch gewünscht sind. Was als akademischer Wettbewerb dargestellt wird, entpuppt sich so in Wirklichkeit als komplette Verwirtschaftlichung des Studiums oder genauer: die Ausrichtung von Forschung und Lehre nach rein wirtschaftlichen „Chancen“-kriterien.
Bildung ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, dem wird die neue Debatte um Spitzen- oder Eliteunis in keinster Weise gerecht. Es genügt eben nicht, 300 Millionen von dem einen in den anderen Topf umzupumpen, und auf einmal wird alles gut. Bildung beginnt im Kindergarten, setzt sich über die Grund- und weiterführenden Schulen (die ja heute schon vor allen Dingen nach sozialen Kriterien selektieren) fort und endet schließlich in den Hochschulen und Universitäten. Bildung ist ein öffentliches Gut und dient somit der ganzen Gesellschaft. Diese Gesellschaft wird nun auf rein wirtschaftliche Interessen und Standortdebatten zusammengedampft. Gut ist, was der Wirtschaft nützt, und wehe dem, der das Unwort neoliberal in den Mund nimmt, denn das ist antimodern und ideologisch. Ich wünschte, es wäre so.
Aber nach Agenda 2010, einer Gesundheitsreform, die die Kosten nach unten umverteilt, und der „Innovationsoffensive“ der Bundesregierung ist klar, dass sie genau auf diese angebliche Nicht existierende Ideologie namens Neoliberalismus abgefahren ist. Die Entsolidarisierung der Gesellschaft, an der sich der Staat durch eine radikale Individualisierung von Lebensrisiken und -chancen beteiligt, ist so nicht aufzuhalten. Das Ergebnis: Wer da hat, dem wird auch gegeben, der Rest bekommt bestenfalls Tittytainment à la DSDS und Dschungelcamp, damit er nicht aufmuckt. TORBEN IBS, Leipzig