: Kein Versteck für die „Spätzle-Stasi“
Wer ins Visier eines verdeckten Ermittlers gerät, hat künftig bessere Chancen, wenigstens nachträglich davon zu erfahren: Die Polizei braucht gute Argumente, wenn sie die Auskunft verweigern will, entschied der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim
von OTTO DIEDRICHS
Durch ein Urteil des baden-württembergischen Verwaltungsgerichthofs wird erstmals ein Landeskriminalamt gezwungen, einem Bürger Auskunft über seine Überwachung durch einen verdeckten Ermittler zu geben. Wenn die Polizei einem Bürger nicht mitteilen will, ob er von einem verdeckten Ermittler bespitzelt wurde, muss sie dafür künftig gewichtige Gründe vorweisen. Dies entschied der VGH in Mannheim bereits im Januar 2003 nach einem über 10-jährigen Rechtsstreit. Das Urteil (Az: 1 K 1478/99) wurde erst gestern veröffentlicht.
Die Richter entschieden, die Polizei müsse Gefahren für Leben oder Gesundheit des Ermittlers genau nachweisen. Ansonsten habe ein Betroffener einenAnspruch darauf, informiert zu werden. Anders, so das Mannheimer Gericht, habe er keine Möglichkeit, sich nachträglich gegen den Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht zu wehren.
Geklagt hatte ein heute knapp 30-Jähriger Mann, der sich im Herbst 1991 in Freiburg an der Gründung einer Initiative zur Unterstützung politischer Gefangener beteiligt hatte. Erfolgreich kann dies nicht gewesen sein, denn schon Anfang 1992 löste sich die Gruppe wieder auf. An ihren Treffen hatte ein Verdeckter Ermittler des Landeskriminalamtes mit Decknamen „Hans Joachim C.“ teilgenommen und sich mit dem Kläger angefreundet. Nachdem die Gruppe im Januar 1992 zerfallen war, hielt er noch fünf Monate Kontakt zu ihm, bevor er dann im Sommer „unbekannt verzog“. Weil in der linken Szene der Verdacht entstanden war, bei C. könne sich um einen Spitzel handeln, wandte sich der Kläger im Oktober 1992 an das LKA und verlangte Auskunft darüber, ob er ausgeforscht worden sei. Laut Landespolizeigesetz müssen Betroffene über einen solchen Einsatz informiert werden, sobald das ohne Gefahr für den Beamten möglich ist. Dennoch verweigerte das LKA die Auskunft, da dies bei Linksextremisten „besonders gefährlich“ sei.
Nun hat das LKA die Reißleine gezogen. Kurz nach dem Urteil bestätigten die Staatschützer, dass „von Januar 1991 bis Juli 1992“ verdeckte Ermittlungen durchgeführt wurden, der Umfang aber „nicht mehr nachvollziehbar ist“, da die Daten „zwischenzeitlich gelöscht wurden“. Damit hat das LKA erneut gegen geltendes Recht verstoßen. Für Rechtsanwalt Udo Kauß ist sein Streit mit der „Spätzle-Stasi“ denn auch noch nicht zu Ende.