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Archiv-Artikel

Endlich am Ziel

Die deutschen Handballer gewinnen das Finale gegen Slowenien mit 30:25 – und werden Europameister

BERLIN taz ■ An diesem Abend von Ljubljana war endlich alles anders – und es war sehr gut so, wie es war: Zwar hatte man die deutschen Handballer auch in der jüngsten Vergangenheit schon kräftig jubeln sehen, und das gar nicht so selten; nun aber, an diesem wunderbaren Sonntagabend, durften sie es endlich auch nach der letzten und somit finalen Partie tun. Endlich hatte ihnen niemand mehr den ganz großen Sieg so kurz vor der Nase noch weggeschnappt, endlich war ein großes Turnier zu Ende gegangen, und sie saßen hernach nicht mit hängenden Köpfen in der Halle, so wie das zuletzt bei EM und WM der Fall gewesen war, obwohl sie auch dort schon Großes geleistet hatten. Nein, diesmal waren sie es, die nach dem allerletzten Schlusspfiff tanzten und hüpften und sangen, jeder mit jedem und alle gemeinsam, ein bisschen wie kleine Jungs und gar nicht wie große, hartgesottene Männer. Aber dafür gab es ja auch guten Grund, den besten, den es überhaupt geben kann. Denn diesmal war auch das Endspiel zu Ende – und immer noch lagen sie vorne. Mit 30:25 haben sie Slowenien, den Gastgeber, besiegt, im Finale, sind also Europameister geworden – und haben damit ihren ersten großen internationalen Titel gewonnen (der letzte ist 24 Jahre her, damals wurde Deutschland Olympiasieger). Endlich war alles anders! Und endlich war auch Heiner Brand am Ziel angekommen.

Der Mann aus Gummersbach ist der Vater dieses Erfolgs, das steht außer Frage. Als er die Mannschaft vor sieben Jahren übernahm, hatte sie gerade die WM-Qualifikation verpasst und war damit vollends in der Zweitklassigkeit versackt. Seit gestern darf sie sich, untermauert durch die jeweils zweiten Plätze bei WM (2003) und EM (2002), als das aktuell weltbeste Handballteam fühlen. Dass die Mannschaft selbst bei ihrem EM-Triumph auf Leistungsträger wie Stefan Kretzschmar (Leistenoperation), Markus Baur (Meniskuseinriss während der EM) und Frank von Behren (Knieprobleme) verzichten musste, kehrt ihre momentane Spitzenposition nur noch mehr hervor. „Diese Nackenschläge haben uns noch mehr zusammengeschweißt“, sagt Volker Zerbe. Der Lange aus dem Rückraum macht damit auch deutlich, was die deutsch Mannschaft neben ihrem handballerischen Können herausragen lässt: Kaum ein anderes Team verfügt über so viel Willen und Kampfgeist. Zusammen mit dem über die Jahre gewachsenen Teamspirit ist daraus jene Mannschaft erwachsen, die derzeit so schwer zu schlagen ist.

Und manchmal wundert sich selbst Heiner Brand über seine Jungs, deren Charakter und wie sie acht harte Spiele binnen nur elf Tagen weggesteckt haben. „Die Spieler liegen in ihren Zimmern und bekommen Infusionen, sie haben Blutblasen an den Füßen, und in das Spiel gehen sie, als wenn nichts wäre“, hat der Bundestrainer schon vor dem Halbfinale gegen Dänemark (22:20) gesagt. Gestern, im Finale, war es nicht anders. Für die Slowenen war es deutlich zu viel: Mithalten konnten sie lediglich bis zum 2:2 (3.), danach begann der deutsche Triumphzug. In der Abwehr stabil wie eine Mauer, im Spiel nach vorne schnell, kraftvoll und fintenreich, waren die DHB-Mannen den Gastgebern in allen Belangen überlegen. Nach zwölf Minuten (8:4) lagen erstmals vier Tore zwischen den Kontrahenten, zur Pause stand es 16:10. Zwar verloren die Deutschen zu Beginn des zweiten Durchgangs kurzfristig ihre Linie (21:17), doch fanden sie diese (24:18) auch schnell wieder. Dann pfiff der Schiri ab – und Deutschland war Europameister.

FRANK KETTERER