: Wenn Balkenschleppen ein Traumjob ist
Seit April können auch private Arbeitgeber sich Löhne bezuschussen lassen, wenn sie die Arbeitslosenstatistik um schwere Fälle erleichtern. Die Verantwortlichen bei der Arbeitsagentur wünschen sich größeres Interesse
Es riecht nach Holz in der Halle. Meter hoch stapeln sich die Balken. Gabelstapler zwischen Lärchenholztürmen. Rainer Preuß steht hinten und hievt Balken auf eine Palette. Er trägt Blaumann und gelbe Ohrenschützer, wie alle seine Kollegen. Für den 43-Jährigen ohne Berufsausbildung, der lange arbeitslos war, ist die Schlepperei ein Traumjob: „Man ist ja stolz“, sagt er, „wenn man Arbeit hat.“
Dass Preuß hier ist, verdankt er der Bundesagentur für Arbeit. Dafür, dass die Firma im Örtchen Daldorf (Kreis Segeberg) ihn einstellte, erhält diese einen so genannten Beschäftigungszuschuss. Der kann bis zu zu 75 Prozent des Lohns betragen, und obwohl er zunächst für zwei Jahre bewilligt wird, könnte er im Einzelfall unbegrenzt verlängert werden – wenn es sein muss, bis zur Rente.
Wolfgang Heyn leitet den Bereich Grundsicherung in der Regionaldirektion Nord der Arbeitsagentur. Für ihn ist das Konzept, von dem Preuß profitiert, ein „Paradigmenwechsel in der Beschäftigungspolitik“, ein „Einstieg in den dritten Arbeitsmarkt“. Beschlossen worden ist es im Oktober 2007. Seit Jahresanfang können öffentliche Arbeitgeber – etwa Gemeinden – derart bezuschusste Arbeitskräfte einstellen. Seit April haben auch private Unternehmen die Chance. Allerdings nutzen Heyn zufolge bisher nur wenige Firmen das Angebot: „Unsere Erwartung war anders.“
100.000 Arbeitsplätze bundesweit wollte der Gesetzgeber durch die Maßnahme schaffen, 18.000 sind es zurzeit. Schleswig-Holstein bringt es auf 520 vermittelte Langzeitarbeitslose. 2.000 bis 3.000 wünscht sich Heyn – rund 15 Prozent der Langzeitarbeitslosen im Land.
Nicht jeder ohne Job kommt für das Programm in Frage. Gefördert werden sollen Personen mit mehreren „Vermittlungshemmnissen“, wie es im Arbeitsagentur-Deutsch heißt: „Etwa Suchtkranke, die im Methadonprogramm sind, ehemalige Strafgefangene, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen“, erklärt Heyn. „Und je nachdem, welche Probleme die Leute mitbringen, gibt es unterschiedliche Anforderungen an den Arbeitgeber“, fügt Carsten Ludwig, Leiter der Agentur für Arbeit in Neumünster, hinzu.
Mario Hölscher, Geschäftsführer der Holzfirma, lobt seinen neuen Mitarbeiter Preuß: „Pünktlich, ehrgeizig, mit dem festen Willen, alles anständig zu erledigen.“ Aber ohne die Förderung hätte er ihn nicht eingestellt, sagt Hölscher: „Es ist also klar, dass er keinen regulären Arbeitsplatz verdrängt.“
Eben das ist aber die Gefahr bei bezuschussten Arbeitsplätzen, wie auch die Verantwortlichen wissen. „Wir müssen sorgsam auswählen, wen wir fördern, sonst kann es Mitnahmeeffekte geben“, sagt Heyn. Vor allem dürften keine Jugendlichen in das Programm rutschen: „Für die gibt es viele andere Maßnahmen.“ Dagegen sei denkbar, Menschen über 50 bis zur Rente zu fördern, und das gegebenenfalls mit den vollen 75 Prozent.
Jetzt hofft die Arbeitsagentur, dass einige teilnehmende Firmen nach den ersten zwei Jahren bereit sein könnten, mehr als ein Viertel des Lohns selbst zu tragen. Derzeit nehmen die meisten Firmen noch den vollen Zuschuss mit. Für sie lohnt sich das Geschäft, findet Heyn: „Sie können nicht nur ihr soziales Herz zeigen, sondern einfache Tätigkeiten abgeben, die sonst liegen bleiben würden.“ ESTHER GEISSLINGER