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Archiv-Artikel

berliner szenen Das Antiquariat

Wie am ersten Tag

„Nee, dat ham wa nich“, antwortete mir der etwas ältere Herr im Pullunder, der wahrscheinlich schon immer in dem verstaubten Antiquariat gearbeitet hat, in welchem ich schon so oft gewesen bin, dann aber doch fast nie etwas gekauft habe. Sondern immer nur zwischen den Regalen herumgelaufen und dann mit einem schlechten Gewissen gegangen bin. Nachdem ich erfahren hatte, dass es das Buch, nach dem ich suchte, nicht gab, fragte mich der Verkäufer, wie ich zu seiner Protestaktion stehen würde.

Von einer solchen Aktion hatte ich nichts mitbekommen, obwohl ich fast jedem Tag an dem Laden vorbeikam. Er erklärte mir, dass er das Antiquariat aus Protest einen Tag geschlossen hatte. Aus Protest gegen den immer größeren Handel von antiquarischen Büchern im Internet. Der würde nämlich gerade die kleinen Antiquariate wie seines kaputtmachen. Daher habe er seiner Kundschaft deutlich machen wollen, wie Berlin aussehe, wenn es auf einmal keine kleinen Antiquariate mehr geben würde und man alte Bücher nur noch bei Leuten kaufen könnte, die erstens nichts von Literatur verstünden und zweitens einem nicht die Chance gäben, zwischen ihren Beständen vernünftig stöbern zu können.

Ich pflichtete ihm bei, dachte aber, dass die meisten Berliner Antiquariate doch immer so aussehen, als ob sie geschlossen hätten. Und wenn man in einem drin ist, bekommt man oft das Gefühl vermittelt, dass man eigentlich gerade stört. Als ich vier Wochen später wieder das Antiquariat besuchen wollte, war es geschlossen, aber nicht nur für einen Tag, sondern für immer. Wie lange es schon zu war, kann ich nur vermuten, denn es sah noch genauso aus wie an dem Tage, an dem ich es das erste Mal betreten hatte. JACOB BÜHS