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Archiv-Artikel

Fall geschlossen – vorerst

Im Kriminalfall „Mord ohne Leiche“ wird die vermisste Monika Crantz aus Ratzeburg nun gerichtlich für tot erklärt – eine Leiche ist aber immer noch nicht aufgetaucht

Ratzeburg/Lübeck taz/dpa ■ Der spektakuläre Kriminalfall des „Mordes ohne Leiche“ ist bislang nicht aufgeklärt worden. Doch nun ist er für die Justiz abgeschlossen – vorläufig. Die verschwundene Geschäftsfrau Monika Crantz wird offiziell für tot erklärt. „Das Amtsgericht Ratzeburg wird jetzt per Beschluss den 6. Januar 1999 als Todeszeitpunkt festsetzen“, sagte gestern eine Gerichtssprecherin.

Die, wie gern betont wird, wohlhabende Geschäftsfrau war an jenem Datum spurlos aus ihrem Haus im schleswig-holsteinischen Ratzeburg verschwunden. Obwohl ihre Leiche nie gefunden wurde, bezichtigte die Familie den Ehemann Hartmut, die 48-Jährige getötet zu haben, um einer Scheidung zuvorzukommen.

Hartmut Crantz, der frühzeitig durch die Öffentlichkeit als Monster vorverurteilt worden war, beteuerte immer wieder seine Unschuld. Außer dass er sich nach dem Verschwinden seiner Frau verdächtig gemacht hatte, indem er versucht hatte, an das gesperrte Konto der Unternehmerin heranzukommen, gab es keine zwingenden Indizien für eine Schuld. So wollten Zeugen Monika Crantz noch Tage nach ihrem Verschwinden im benachbarten Mölln gesehen haben.

In dem Cabriolet, mit dem Crantz der Anklage zufolge seine getötete Frau nachmittags aus dem Haus wegtransportiert haben soll, sind keine Faser- oder DNA-Spuren gefunden worden. Auch ein Leichenspürhund, der 2,3 Millionen mal besser riechen soll als ein Mensch, schlug nicht an.

Obwohl das Lübecker Landgericht also einräumen musste, dass es „keine objektiven Beweise gibt“, verurteilte es Crantz im Dezember 2001 wegen Mordes zu lebenslanger Haft. Zwar hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf Antrag seines Hamburger Anwaltes Gerhard Strate wegen Formfehlern auf: Es sei nicht auszuschließen, dass Crantz seine Gattin nicht ermordet, sondern durch seine Fesselung und Knebelung getötet hat. Auf Betreiben der Nebenklage von Bruder und Sohn der vermeintlich Ermordeten bestätigte dann aber eine andere Strafkammer des Landgerichts Lübeck im Revisionsverfahren im April 2003 das Mord-Urteil. Zwei Tage später erhängte sich Crantz in seiner Zelle in der Justizvollzugsanstalt Lübeck.

Ganz sicher war sich die Justiz über den Tod Monika Crantz‘ offenkundig immer noch nicht: Auf Antrag einer Abwesenheitspflegerin verfügte das Amtsgericht Ratzeburg noch im August 2003, dass sich Monika Crantz bis zum 30. Januar 2004 bei Gericht melden müsse. Nachdem diese Frist ereignislos verstrichen sei, gehe man jetzt davon aus, dass die Verschollene tatsächlich tot sei. „Jetzt wird beim Standesamt Ratzeburg eine Sterbeurkunde beantragt“, hieß es seitens des Gerichts. Interessant wird der Fall dann noch mal, sollte Monika Crantz doch wieder auftauchen – irgendwann.

KAI VON APPEN