beauty is a sign of intelligence. andy warhol
: Die Europawahl: Blond oder schwarz

SAHRA WAGENKECHT, 34, und SILVANA KOCH-MEHRIN, 32, sind beide schön. Ihre Parteien (FDP und PDS) sind hässlich. Alle vier wollen am 13. Juni ins Europaparlament.

Früher lief das so: Wenn die Führungsriege einer Partei einen verdienten Altkader loswerden wollte, der mit guten Ratschlägen und seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz allen auf die Nerven ging, dann sagte man: „Willst du nicht nach Straßburg? Oder nach Brüssel? Europa wird doch immer wichtiger. Und, Mensch, du hast es dir doch verdient.“ Und dann dachte der alte Sack an die gute elsässische Küche, an Praktikantinnen aus 16 Nationen und daran, dass es eine gute Sache ist, durch den Kontinent zu fliegen und bei der Abrechnung der Flugtickets noch bescheißen zu können.

Damit ist es vorbei. Zumindest bei FDP und PDS. Bei den so genannten Liberalen hat Guido Westerwelle Silvana Koch-Mehrin als Spitzenkandidatin durchgesetzt: „Die schönste Frau der FDP“ (Stern) ist „überaus ansehnlich“ (Süddeutsche Zeitung) und „telegen“ (Stuttgarter Zeitung) und war schon in der Harald Schmidt Show.

Nicht der Chef, sondern ein renitenter Europaparteitag nominierte hingegen bei den so genannten Sozialisten Sahra Wagenknecht. Zwar nur auf Rang fünf, aber Wagenknecht ist die Kandidatin, deren Bild man kennt: Das liegt auch daran, dass die „attraktive Altkommunistin“ (Super Illu) zwar „Schminken mit dem Spachtel“ (taz) praktiziert, aber doch das „schönste Gesicht der Kommunistischen Plattform“ hat: eine „Edelkommunistin“ (beide Spiegel).

Die Botschaft von FDP und PDS ist die gleiche: „Wir sind nicht alt und hässlich, guckt euch doch unsere Kandidatin an.“ Gar nicht gleich aber ist der Adressat: Westerwelle zielt auf Stimmen des uninformierten Fernsehpublikums. Die PDS-Basis hingegen allein auf sich selbst. Der Unterschied ist der zwischen Suggestion und Autosuggestion.

Aber ist es nicht schon gesellschaftlicher Fortschritt, wenn hässliche alte Männer, die ihre beste Zeit hinter sich haben, abgelöst werden von schönen jungen Frauen, die noch viel vor sich haben? Schon, wären da nicht die Qualifikationen, die beide Damen über den schönen Schein hinaus nachgewiesen haben. Koch-Mehrin verficht als Unternehmensberaterin die reine Lehre von McKinseyBergerErnst& Young. Wagenknecht verficht die reine Lehre von StalinLeninMarx&Engels. Nicht nur alte Säcke sind von gestern.

ROBIN ALEXANDER