: Bilder der Grausamkeit
Im gegenwärtigen „theatre of war“ ist die Materialität des Krieges präsent
Zwischenergebnis von der Bilderfront: Dies ist nicht der aseptisch aussehende Fernsehkrieg, den viele erwartet haben. Es geht hier nicht um ein Sequel des Golfkriegs von 1991; was von vor zwölf Jahren im Gedächtnis haften geblieben ist, sind die endlos wiederholten Bildsequenzen, auf denen smart bombs gerade so niedlich Gebäude zerstören. Was man nun schon sagen kann, ist, dass von diesem Krieg andere Bilder bleiben werden.
Viele sagen: grausamere Bilder. Man könnte aber auch sagen: menschlichere Bilder. Denn was könnte unmenschlicher sein als Bilder, die von der Zerstörung menschlichen Lebens handeln und es noch nicht einmal darstellen? Die ein paar hell zuckende Lichtblitze zeigen und es dabei bewenden lassen.
Im Gegensatz dazu ist im aktuellen theatre of war die Materialität des Krieges in den medialen Bildern von Anfang an präsent. Natürlich erschrickt man, wenn man amerikanische Kriegsgefangene in Todesangst sehen muss oder lächelnde irakische Häscher, die den Leichenhaufen ihrer Feinde stolz für die Kameras zurechtrollen. Am erschreckendsten wäre es aber gewesen, wenn auch von diesem Krieg wieder nur Lichtblitze geblieben wären. Das hätte geradezu etwas Gespenstisches gehabt. Denn dass Waffen Effekte auf menschliche Körper haben, das weiß man ja. Es hat etwas Unheimliches, wenn diese Effekte hartnäckig nicht gezeigt werden.
Wem es darum zu tun ist, die gegenwärtige Bilderproduktion zynisch zu nennen, der hat in den vergangenen Tagen viel Belegmaterial für seine Argumentation erhalten. Am eindringlichsten noch fiel es bei den Opferbildern in Bagdader Krankenhäusern aus – die Kameramänner, die neben den Krankenbetten standen, wirkten, als ob sie das ausgestellte Menschenmaterial allein nach ihren Grausamkeitsdarstellungsqualitäten bewerteten.
Es mag also kalt klingen, und doch gilt es festzustellen, dass die grausamen Bilder dieses Krieges nur folgerichtig sind. Noch eine Videospielversion vom Krieg wie 1991 wäre kaum auszuhalten gewesen. Die US-Militärs mögen an die Stelle dieser Version gerne eine Art sportiver Jagd setzen, bei dem die eigenen Soldaten zwar ihren Helm fester schnallen und, begleitet von Reportern, in Deckung gehen müssen, aber keine eigenen Verluste zu sehen sind. Doch genau solche Bildsequenzen schreien nach einer Komplettierung, nach Opferbildern. Diese lassen sich die westlichen Medien derzeit eben von der irakischen Seite liefern.
DIRK KNIPPHALS