Der „Nordsturm“ schmollt

Nachdem rechtsradikale Fans beim Spiel in Bochum provozierten, spricht Werder Bremen ein Stadionverbot gegen acht Beteiligte aus. In einschlägigen Internetforen ist gar von „Pogromstimmung“ gegen die Kameraden die Rede

Der Ankündigung folgte der Beschluss. Gleich nach dem vergangenen Bundesliga-Wochenende entschied auf einer außerordentlichen Sitzung die Geschäftsführung von Werder Bremen, dass acht Personen des rechtsradikalen „Nordsturm Brema“ (NS HB) ein Stadionverbot erhalten. „Solche Besucher“, teilte die Geschäftsführung mit, „brauchen wir nicht“.

Wie unerwünscht diese Fraktion unter den Werder-Fans ist, hatte sich am vergangenen Samstag bei der Bundesliga-Begegnung beim VfL Bochum gezeigt: Kurz nach dem Schlusspfiff hatte ein kleines Grüppchen Anhänger von „Nordsturm Brema“ ein Transparent hochgehalten. „NS HB – Sport frei“ war darauf zu lesen, daneben das Bild eines stilisierten Totenkopfs mit Fußball als Schädeldecke. „Da keine der Personen eine Dauerkarte für das Weser-Stadion besitzt“, sagt Tino Polster, Mediendirektor von Werder Bremen, „liegt die Vermutung nahe, dass ihr Erscheinen in Bochum eine gezielte Provokation anlässlich des historischen Datums der Reichspogromnacht von 1938 war“. Bei der übergroßen Mehrheit der Bremer Schlachtenbummler kam die Aktion überhaupt nicht gut an (taz berichtete): Die Grün-Weiß-Fans im Bochumer Stadion skandierten „Nazis raus!“, wenig später wurde das Grüppchen Neonazis auch körperlich angegangen, Gegenstände flogen. „Zu ihrem Schutz haben wir die Rechten im Block über den Innenraum abgeführt“, so Polizeieinsatzleiter Ulrich Grzella. Dort auf dem Rasen provozierten sechs Abgeführte dann auch noch mit Jubelposen. Woraufhin nun auch aus den Reihen der VfL-Anhänger mit „Nazis raus!“ geantwortet wurde. „Eine gute Aktion unserer Fans“, sagte Werder-Sportdirektor Klaus Allofs später der Presse.

Wie Polster glaubt auch Allofs, dass die Nazi-Gruppe sich „eingeschleust“ habe, um zu stören. In der Tat hatten die „Freien Nationalisten Bremen“ schon früher im Internet angekündigt: „In Zusammenarbeit mit befreundeten Fußballgruppen werden wir verschiedene Aktionen im und vor dem Weserstadion veranstalten.“ Nicht etwa sie, sondern die „autonomen Fußballfans“ und „Bonzen von Werder“ seien es, die die „Politisierung des Fußballs“ vorantrieben. Vor allem die Anti-Rechts-Arbeit des Vereins stößt in diesen „nationalen“ Zirkeln auf wenig Gegenliebe: Werder wurde für ein Antidiskriminierungsprogramm mit dem Julius-Hirsch-Preis 2008 ausgezeichnet.

„Im Nordsturm sind Anhänger der Ultra-Szene unter der Führung von NPD-Kadern vereint“, sagt Carsten Naumann von der antirassistischen Bildungsinitiative Standpunkt. Bis zu 15 Personen seien im „Sturm“, sagt er: „Führend sind zwei Brüder, die bei der NPD mitwirken und aus einer rechten Familie kommen.“

Der Polizei wiederum sind mehrere der Störer vom vergangenen Samstag einschlägig bekannt: Sie sollen Anfang 2007 am Überfall auf die Jubiläumsparty der linken Fan-Gruppe „Racaille Verte“ im Ostkurvensaal des Bremer Stadions beteiligt gewesen sein.

In der rechten Hooliganszene wird der Samstag anders dargestellt. „Pogromstimmung gegen erlebnisorientierte Fußballfans“ heißt es auf der Website der wohl ältesten rechtsextremen Hooligangruppe „Standarte 88“. „Aber den ‚Nordsturm‘ haben sie trotz hundertfacher Überlegenheit nicht klein gekriegt!“

Am kommenden Samstag nun dürften sich die rechten Freunde der „Dritten Halbzeit“ an einer anderen Aktion stoßen: Antifa-Initiativen haben eine Demonstration gegen den Neonaziladen „Sportsfreunde“ angemeldet. Den Shop für szenetypische Oberbekleidung sowie Body-Building-Nahrungsergänzungsmittel betreibt Marten Ostendorf von der „Standarte“. ANDREAS SPEIT