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Archiv-Artikel

NRW-Großstädten droht neue Wohnungsnot

Städtebauminister Vesper will alte Menschen fördern. Um junge Familien aber sollen sich die Kommunen kümmern

DÜSSELDORF taz ■ Preiswerter Wohnraum wird in NRW knapp: Anläßlich der Vorstellung des Wohnungsbauprogramms 2004 sprach Städtebauminister Michael Vesper (Grüne) gestern von einer „drohenden Wohnungsnot für einkommensschwache Haushalte.“ In Großstädten wie Aachen, Bielefeld, Bonn, Düsseldorf, Köln oder Münster gehe das Angebot an bezahlbarem Wohnraum drastisch zurück. NRW brauche jährlich mindestens 25.000 neue Mietwohnungen. In diesem Jahr will das Land mit 985 Millionen Euro insgesamt 13.500 Sozialwohnungen und Eigenheime fördern.

Viele wohnungssuchende Menschen werden allerdings nicht davon profitieren: Allein bei den Wohnungsämtern in NRW sind knapp 100.000 Menschen gemeldet, die Anspruch auf eine geförderte Wohnung hätten. Nach Angaben von Mietervereinen suchen vor allem kinderreiche Familien und MigrantInnen oft vergeblich eine Bleibe, die sie bezahlen können.

„Die Menschen haben bei ihrer Wohnung keine Wahl mehr,“ sagt Michaelo Damerow vom Düsseldorfer Mieterbund. Bei der vorherrschenden Wohnknappheit könnten sich die VermieterInnen alles erlauben. Und so müssten einkommensschwache Düsseldorfer und Düsseldorferinnen draufzahlen: Sie geben 40 Prozent ihres Einkommens für Miete aus, gutverdienende nur 30 Prozent.

Nach Studien der Wohnungsbauförderungsanstalt NRW sind die Mietpreise im Ruhrgebiet und in ländlichen Gebieten fast 50 Prozent günstiger als in Köln und Düsseldorf. So zahlt man in der Landeshauptstadt durchschnittlich neun Euro pro Quadratmeter, in Dortmund sind es nur knapp 6 Euro. Weil viele Studierende und Arbeitssuchende nach wie vor in die Großstädte ziehen, wird sich dieser Trend noch verstärken.

Vespers Zielgruppe sind in diesem Jahr aber die Alten: Erstmalig sollen auch große Mietwohnungen von bis zu acht hilfebedürftigen oder behinderten Menschen gefördert werden. Für Ältere, die sich nicht mehr selbst versorgen können, sollen kleine „Pflegeinseln“ in ihrer Umgebung entstehen, der Gang ins Altenheim soll dadurch verzögert werden.

Um die jungen Familien sollen sich laut Vesper lieber die Städte selbst kümmern. „Die Kommunen müssen mehr Bauland für junge Familien ausweisen“, fordert Vesper. Das mangelnde Engagement der Kommunen sei das größte Hemmnis einer aktiven Wohnungspolitik.

ANNIKA JOERES