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Archiv-Artikel

müllprozess Verbissenheit und kühle Analyse

Es war der Tag der Grünen im Müllprozess. Doch die Auftritte von Petra May und Bärbel Höhn hätten unterschiedlicher nicht sein können. Beide sind strikte Gegnerinnen der Kölner Müllverbrennungsanlage (MVA), beide haben alles ihnen Mögliche versucht, den Bau zu verhindern.

KOMMENTAR VON PASCAL BEUCKER

Auf der einen Seite präsentierte sich dem Gericht eine Ex-Ratsfrau, die als Gescheiterte auftrat: von den damals Handelnden betrogen, von der eigenen Partei ausgebootet. In ihren verbissenen Schilderungen zeichnete Petra May von sich ein Bild, als hätte sie sich Cervantes‘ Don Quichotte zum Vorbild genommen; eine Frau hatte einen einsamen wie vergeblichen Kampf gegen böse Windmühlen geführt. Ihre Aussage hatte den Charakter einer politischen Vergangenheitsbewältigung und nachträglichen Abrechnung. Leider nicht mehr.

Auf der anderen Seite die grüne Landesumweltministerin. Eloquent und sachlich schilderte Bärbel Höhn die damaligen Auseinandersetzungen, demonstrierte anhand eines Schaubildes, warum der Bau der MVA von Anfang an überflüssig und ein Fehler war, analysierte die fatalen Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger und den großen Nutzen für die private Entsorgungswirtschaft. Dabei wirkte sie bei ihren präzisen Aussagen jedoch weder rechthaberisch noch frustriert. Im Gegenteil. Die linke Realpolitikerin bettete die Kölner Proteste gegen die Niehler Anlage in einen größeren Zusammenhang ein: Nach Köln sei nirgendwo sonst in NRW eine Müllverbrennungsanlage politisch durchsetzbar gewesen.

Auch wenn in Köln Bürgerinitiativen und Grüne am Bündnis zwischen politischen Betonköpfen und Schmiergeldkartell gescheitert sind, so war ihr Widerstand nicht vergebens: Die eine Anlage konnte zwar nicht verhindert werden, dafür aber die sechs anderen, die nach dem Willen von Höhns Vorgänger Klaus Matthiesen (SPD) hätten gebaut werden sollen. Dadurch konnten etliche Städte davor bewahrt werden, wie die Kölner Gebührenzahler die Rechnung für die verfehlte SPD-Müllpolitik der 90er Jahre zu zahlen. Fazit: Bürgerprotest lohnt sich doch.