: „Ökolandbau wird in jedem Fall profitieren“
Der Saarbrücker Umweltminister Stefan Mörsdorf will die Reform der Agrar-Beihilfen an die Zahl der Arbeitsplätze koppeln. Sein eigenes Bundesland wäre dabei fein raus: Es hat den bäuerlichen Strukturwandel schon hinter sich
taz: Mal ehrlich, Herr Mörsdorf, Sie wollen doch auch nur das meiste für die saarländischen Bauern rausholen.
Stefan Mörsdorf: Nein, wir wollen eine echte Agrarwende. Und die setzt natürlich bei der Verteilung der der 5,5 Milliarden Eruo aus den EU-Töpfen an. Wir brauchen einheitliche Bedingungen für die Landwirtschaft. Dazu gehört auch Wettbewerbsfähigkeit für die Regionen, die bisher benachteiligt worden sind.
Wie eben dem Saarland.
Grundsätzlich ist das richtig. Das Saarland wurde über Jahrzehnte hinweg benachteiligt. Das muss ausgeglichen werden. Aber mir geht es nicht um Verteilungsgerechtigkeit allein, ich will Leistungsgerechtigkeit.
Die Sie wie erreichen wollen?
Es darf künftig nicht mehr allein um die Größe der Flächen gehen. Wir brauchen auch eine Bindung an die Arbeitsplätze. Es ist doch nicht einzusehen, dass Riesenbetriebe mit ganz wenigen Mitarbeitern Millionenbeträge erhalten, während kleinere Familienbetriebe mit mehreren Arbeitskräften viel weniger bekommen.
Wie wollen Sie das den anderen Ländern nahe bringen – Mecklenburg-Vorpommern würde von der Flächenreform à la Künast profitieren; wenn man Ihren Arbeitsplatzfaktor einbezieht, sieht das wegen der Betriebsstruktur schon wieder ganz anders aus.
Ich weiß schon, dass dieser Vorschlag derzeit nicht mehrheitsfähig ist. Ich will ihn trotzdem endlich in der Debatte haben. Hierbei würden sich völlig neue Bündnisse ergeben – denn dann profitieren die kleiner strukturierten Betriebe zum Beispiel in Süddeutschland, nicht die neuen Länder.
Und die Weltmarktfähigkeit, sagen Kritiker, geht flöten.
Das Argument, wir zahlen den Bauern deshalb Geld, um auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig zu sein, wird auf Dauer bei der Welthandelsorganisation WTO keinen Bestand haben. Wir brauchen mehr gesellschaftliche Akzeptanz, da wäre es unverantwortlich, auf diese zweite Begründung – Erhaltung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum – zu verzichten.
Und der Biolandbau guckt wieder in die Röhre?
Nein, aber da braucht es auch eine klare Marktorientierung. Der Ökolandbau wird ja von der Reform in jedem Fall profitieren: Bisher begünstigt Förderung die intensive Produktion – und die ist im Regelfall konventionell. Bisher werden also konventionelle Produkte durch Subventionen noch zusätzlich begünstigt.
Müssen Betriebe dann auch ganz aufgeben?
Das wird in Süddeutschland unvermeidbar sein. Aber die Entwicklung ist richtig – und unumkehrbar. Um diesen Strukturwandel zu vollziehen, brauchen wir aber Übergangszeiten von fünf bis sechs Jahren.
In denen dann alles wieder von der Agrarlobby über den Haufen geworfen wird?
Nein, das neues System mit einer relativ einfachen, einheitlichen Flächenprämie wird deutlich leichter durchzuhalten sein. Es ist weniger politikanfällig als das bisherige Marktordnungssystem, an dem von Agrarlobby wie Politik alle paar Monate rumgeschraubt worden ist. INTERVIEW: STEFFEN GRIMBERG