peters‘ padiese Jetzt noch größer, noch schöner, noch sinnfreier
: Filmkunstsimulation mit Nicole Kidman

Wunderbar!, die 54. Internationale Filmfestspiele Berlin können endlich beginnen. Und nach einem flüchtigen Blick ins Programm kann man schon jetzt feststellen, dass es in diesem Jahr noch größer, schöner und prächtiger zugehen wird. Es werden insgesamt noch mehr Filme gezeigt, und es gibt noch mehr Wettbewerbe, Sektionen, Foren, Schwerpunkte, Plattformen, Workshops, Perspektiven wie auch Retrospektiven. Zwar könnte man meinen, dass dies zu einer gewissermaßen abschreckenden Unübersichtlichkeit führt, doch tatsächlich ist die Berlinale durch den bunten Strauß aus Haupt-, Neben- und Unterabteilungen so besucherfreundlich wie nie zuvor.

Scheiterte man früher zum Beispiel bereits daran, den vermeintlichen Unterschied zwischen Panorama und Internationalem Forum zu verstehen, so weiß man dank der Vielzahl der neuen Programmschienen, dass es ohnehin nichts zu verstehen gibt. Es geht um das Erlebnis. Also sinkt man erleichtert in den Sessel und gibt sich ganz der Filmkunst hin. Und damit man hinterher weiß, welche der insgesamt 394 Filme besonders gut waren, wurden immerhin 20 unerschrockene Jurys eingerichtet, die über 42 Preise entscheiden.

Das Einzige, was fehlt, ist ein Motto. Nachdem es im letzten Jahr sehr Love-Parade-tauglich „Towards Tolerance“ hieß, hat Festival-Direktor Dieter Kosslick kürzlich in einem Interview erklärt, dass 2004 nicht die Zeit für Mottos sei. Warum das so ist, behielt er zwar für sich, doch letztlich machte er damit sehr klug die Mottolosigkeit zum übergeordneten Thema der Veranstaltung – was wiederum bedeuten könnte, dass sich die Berlinale auf nichts beschränkt, sondern ganz universell Dinge verhandelt, die alle betreffen und berühren.

Auch die Stars. Ob die nun allerdings kommen oder nicht, und wie lange sie, wenn sie denn gekommen sind, bleiben, ist wie immer eine ebenso beliebte wie auch hitzig geführte Diskussion, die jedoch nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass es eigentlich nicht weiter interessiert. Denn da sich derzeit alles verändert, sind auch Stars nur noch Teile eines verschwindenden Zeichensystems. Man darf allerdings davon ausgehen, dass am heutigen Abend, wenn die Berlinale feierlich eröffnet wird, so manche Stars und Semistars über den roten Teppich schreiten werden, um auf diese Weise ihren verblassenden Heiligenschein im Blitzlichtgewitter zu erhellen.

Mit dem Filmkunstsimulationswerk „Unterwegs nach Cold Mountain“, in dem die Darsteller so angestrengt sprechen, als redeten sie in Versen, wurde ein Eröffnungsfilm gewählt, der in seiner eitlen und selbstgefälligen Machart so passend ist wie kein zweiter. Zum einen hielt man sich dadurch die Möglichkeit offen, dass die extraprominenten Hauptdarsteller Nicole Kidman, Jude Law und Renée Zellweger sich unter die Gäste mischen, zum anderen hing man die Latte so tief, dass es anschließend eigentlich nur noch aufwärts gehen kann. Und das wird es auch. Schließlich stehen hinterher noch 393 andere Filme zur Auswahl. In diesem Sinne: viel Vergnügen! HARALD PETERS