Nicht bloß apokalyptisch

Glänzende Aussichten? Das Expertengespräch „Musik in Hamburg“ kam am Sonntag zu keiner einheitlichen Einschätzung

Kritikerlegende Werner Burkhardt zeichnete zunächst eine „traurige kulturapokalyptische Vision“, ein „zaghaftes a-moll“, der Musikstadt Hamburg. Besorgt um die drei symphonischen Klangkörper, mache man sich auch Gedanken über die Phantasielosigkeit der Musikprogramme und das vorhersehbare Einerlei im klassischen Konzertbetrieb. Der Jazzstandort wurde verschämt auf einen Club beschränkt, die Überalterung des Publikums beklagt.

Ganz anders Christoph Twickel, Chefredakteur der Szene Hamburg: Die Nischen würden von einer lebendigen Szene besetzt – etwa das C&A am Nobistor, DJ-Kultur also – und von Kulturförderung erwarte man sich sowieso nichts. Sogar die Staatsoper, vertreten von Intendant Louwrens Langevoort, gab sich optimistisch: Zwar sei das „Silberlockenmeer“ im Publikum unübersehbar, aber immerhin sei man von den Besucherzahlen her ausgelastet.

Wo bleibt denn der kulturell gebildete Nachwuchs, Peter Michael Hamel, Professor an der Musikhochschule? Ein größerer Horizont werde dort gelehrt und man versuche ja, alles zu tun. Aber: Die zeitgenössischen Komponisten aus Hamburg hätten hier keine Chance, Gelder würden gestrichen, ja, seien nie wirklich vorhanden gewesen, und die Entdemokratisierung der Hochschule schreite voran. Auch tue die Radiolandschaft – allen voran der NDR – ja nichts für die lokale Musik. Applaus. Und nein, Dieter Bohlen wird nicht Dozent an der Hochschule.

„Hamburg ist die beste Konzertstadt in Deutschland“, sagte Karsten Jahnke, langjähriger Veranstalter, dazu. Aber warum verlassen die Phonoverbände die Stadt, die Komponisten, die Jazzmusiker? Ist man vielleicht doch zu hanseatisch? Ja, kam aus dem Publikum, Süddeutschland und Österreich hätten da eine ganz andere kulturelle Geschichte. Nun gut. Und was gibt es Positives für die Zukunft? Eine Konzerthalle in der Hafencity, „damit erreichen wir dann schon ein neues, junges Publikum für klassische und klässelnde Musik“. Seit das Plakatmonopol eingeführt wurde, haben die Clubs Schwierigkeiten, Werbung zu machen; der Etat für „sonstige Musikausübung“ ist viel zu klein – es werden zu viele Gelder gestrichen, überall. Herzlichen Dank. Moderator Theo Geissler, Herausgeber und Chefredakteur derNeue Musik Zeitung aus Regensburg, hatte übrigens noch gar nichts davon gehört, dass Hamburg eine Musikstadt sei. Ist das, irgendwie, nicht jede Stadt?

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