: geläufig Nach der Flut
„Deutschland nach der Flut ist ganz und gar nicht Deutschland vor der Flut. Denn nicht nur in Ostdeutschland ist mit der Flutkatastrophe die Einheit der deutschen Nation auf einmal wieder erfahrbar geworden. Die plötzliche Not gebot Rückbesinnung auf elementare Hilfsbereitschaft. Auf einen Schlag waren Klischees über und Ressentiment zwischen Ost- und Westdeutschen verstoben. 73.000 Helfer aus allen Teilen der Bundesrepublik kamen und halfen in dieser schweren Zeit ganz selbstverständlich, nicht nur in Grimma oder Dresden.“ Das jedenfalls behauptete Rita Kuczynski (Foto) im letzten Jahr. Und meinte weiter: „Wäre das Unglück in Westdeutschland geschehen, wäre es auch ein Leid gewesen, aber es hätte ein Gebiet getroffen, das weit mehr Reserven hat. Dass die Flut vor allem in Ostdeutschland kam, war das Katastrophale an dieser Katastrophe.“ Das Katastrophale an einer Katastrophe ist natürlich eigentlich die Katastrophe selbst. Und die Katastrophe der Ostdeutschen war es, dass die Westdeutschen – die überwiegende Mehrheit jedenfalls – nicht sie haben wollten, sondern nur die Wiedervereinigung. Sind die Ostdeutschen denn nun wirklich in der BRD angekommen, wie es heißt, ist ein neues Deutschland entstanden, wie manche es sahen, ist die DDR okkupiert worden, wie wiederum andere behaupten? Diese Fragen werden nicht gestellt, stattdessen heißt es: „Von den ungleichen Diskurspartnern im vereinten Deutschland“, und Frau Kuczynski übt sich mit Detlef Pollack und Martin Sabrow im Diskurstheoretischen. Es wird also darüber gedacht.
Literaturforum im Brecht-Haus, 20 Uhr