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Archiv-Artikel

Wenn der Rüther zwei Mal dankt

Staatsanwaltschaft ermittelt erneut gegen Norbert Rüther wegen Bestechlichkeit. Der ehemalige Chef der Kölner SPD-Fraktion soll beim Teilverkauf der städtischen Müllabfuhr abkassiert haben

VON PASCAL BEUCKER UND FRANK ÜBERALL

Die Kölner Staatsanwaltschaft hat ein weiteres Strafermittlungsverfahren gegen Norbert Rüther eröffnet. Der frühere Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion und Landtagsabgeordnete soll während der Auseinandersetzung um die Teilprivatisierung der Kölner Müllabfuhr gegen die „goldene Regel“ des SPD-„Danke-schön“-Spendensystems verstoßen haben: Nie vorher kassieren! Nun wollen ihn die Ermittler doch noch der Bestechlichkeit überführen.

Bisher schien es, als könnte das ehemalige Polit-Schwergewicht wegen der von ihm kassierten „Danke-schön-Spenden“ nicht strafrechtlich belangt werden. Im Müllprozess ist er „nur“ wegen des – von ihm heftig bestrittenen – Verdachts der Annahme von einer Million Euro aus dem Schmiergeldtopf des Ex-AVG-Geschäftsführers Ulrich Eisermann angeklagt. Das Verfahren wegen Firmenzahlungen an die SPD im Zusammenhang mit dem Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage musste die Staatsanwaltschaft hingegen einstellen.

Rüther hatte erstmals im März 2002 im Zuge des Kölner SPD-Spendenskandals das System der „Danke-schön-Leistungen“ gegenüber der Staatsanwaltschaft offengelegt. Als er 1992 zum SPD-Ratsfraktionsgeschäftsführer avancierte, hätten ihm sein Vorgänger Toni Klefisch und der damalige Fraktionschef Klaus Heugel die „goldene Regel“ der Spendenbeschaffung mit auf den Weg gegeben: Vorher beschließen, nachher kassieren. Sprich: Erst nachdem Unternehmen lukrative städtische Großaufträge zugeschanzt worden waren, sollten Spenden fließen. Eine damalige Gesetzeslücke ausnutzend, hatten die Genossen durch diese Zahlungsmodalität sicherstellen wollen, sich nicht bei Aufdeckung einem Bestechungsvorwurf ausgesetzt zu sehen. Heugel soll Rüther denn auch gemahnt haben: „Pass da auf.“

30 bis 35 solcher „Danke-schön-Spenden“ hat Rüther nach eigener Aussage empfangen. Bislang öffentlich bekannt sind allerdings nur jene „Danksagungen“, die in Verbindung mit der MVA flossen. Eine entsprechende Liste hatte Rüther Mitte 2002 seiner Partei übersandt. Danach sollen sich zwischen 1994 bis 1999 neun Spender mit insgesamt 830.000 Mark erkenntlich gezeigt haben. Allerdings bestritten einige ihre Großzügigkeit. So beteuerte seinerzeit Manfred Rohler, der frühere Niederlassungsleiter des mittlerweile insolventen Bauriesen Philipp Holzmann, „nie mit Herrn Rüther zu tun“ gehabt zu haben. Als Zeuge am vergangenen Dienstag im Müllprozess geladen, musste Rohler jetzt nach intensiver Befragung erstmals eingestehen, nach dem Erhalt eines Bauauftrags bei der MVA doch eine 50.000 Mark-Spende übergeben zu haben.

Rüther hingegen könnten nun zwei Zahlungen des Viersener Müllmoguls Hellmut Trienekens in Höhe von insgesamt 150.000 Mark aus dem Jahr 1999 zum Verhängnis werden. Die Summe, die der Ex-Genosse nach seinen Angaben „aufgrund eigener Initiative, also durch persönliche Ansprache“ von dem CDU-Mitglied Trienekens erhielt, war bislang der rechtlichen Grauzone der „Danke-schön-Spenden“ zugeordnet worden. Jetzt untersuchen die Ermittler, ob das Geld nicht doch vielleicht im Zusammenhang mit der damals erst anstehenden Entscheidung über die Teilprivatisierung der Kölner Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) geflossen sein könnte. In diesem Fall wäre also vorab gezahlt worden – und da Rüther damals als Ratsherr Amtsträger gewesen sei, könnte er sich der Bestechlichkeit schuldig gemacht haben, vermuten die Kölner Staatsanwälte. Die AWB-Teilprivatisierung und die damit verbundene 49-prozentige Beteiligung von Trienekens war zunächst von der SPD grundsätzlich abgelehnt worden. Im Sommer 2000 war dann die Fraktion plötzlich und überraschend „umgefallen“.