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Gepflegtes Redeverbot

Am städtischen Altenheim in Remscheid ist eine Bewohnerin angeblich verdurstet. CDU-Oberbürgermeister Fred Schulz will jetzt selbst aufklären

Die mutmaßlichen Remscheider Vorfälle reihen sich ein in eine Serie von Skandalen in NRW-Altenheimen

VON MARTIN TEIGELER

Remscheids Oberbürgermeister Fred Schulz (CDU) hat einen vermeintlichen Skandal am städtischen Pflegeheim „Stockderstiftung“ zur Chefsache erklärt. Ende Januar war bekannt geworden, dass eine Bewohnerin des kommunalen Altenheims verdurstet sein soll. Einer weiteren Frau musste angeblich ein Bein amputiert werden, weil ein Knochenbruch nicht richtig behandelt worden sei. „Wir sind dabei, alles aufzuklären“, sagte OB Fred Schulz gegenüber der taz. Gleichzeitig haben Staatsanwaltschaft und Polizei Ermittlungen in dem Fall aufgenommen.

Die Stadt Remscheid befindet sich bei der Untersuchung in einer pikanten Doppelrolle: Einerseits gehört der Kommune die Pflege-Einrichtung für alte Menschen, andererseits kontrolliert die Stadt als zuständige Heimaufsicht die Zustände in der Alten-Anlage. „Auf die Vorkommnisse haben uns Mitarbeiter des Heims hingewiesen“, sagt Schulz.

Als Reaktion auf die drastischen Pflegemängel ist der Leiter der städtischen Altenheime in Remscheid und sieben weitere MitarbeiterInnen suspendiert worden. „Wir dürfen nicht mehr reden“, sagt eine Angestellte des Heims am Telefon. Inzwischen haben sich 17 MitarbeiterInnen des Altenheims in einem offenen Brief mit ihren suspendierten Kollegen solidarisiert: Die ArbeitskollegInnen hätten sich dort lediglich an die ärztlichen Anweisungen gehalten.

Der Oberbürgermeister verteidigt die Erteilung des Redeverbotes an die AngestelltInnen des Heims: „Bis zur Aufklärung der Sache habe ich die Mitarbeiter des Heims angewiesen, zu schweigen.“

In der Vergangenheit habe er nichts von den angeblichen schweren Pflegefehlern bei der Stiftung gehört, sagt der Rathauschef. „Tag und Nacht“ würden jetzt MitarbeiterInnen befragt und Pflegeakten studiert. „Wir wollen das möglichst schnell regeln“, sagt Schulz.

Die mutmaßlichen Remscheider Vorfälle reihen sich ein in eine Serie von Skandalen in NRW-Altenheimen. Im vergangenen Herbst wurde die Leiterin eines privaten Pflegeheimes in Hattingen zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt, weil sie Bewohner unmenschlich behandelt hatte. Die damals 60-jährige Frau soll die schutzbefohlenen alten Menschen über Jahre gequält und vernachlässigt haben. Das Heim war im Dezember 2000 geschlossen worden.

Ebenfalls im vergangenen Jahr vergewaltigte ein 29-Jähriger eine 83 Jahre alte Seniorenheim-Bewohnerin in Gummersbach. Die Pflegekräfte bekamen nichts davon mit, nur durch Zufall konnte der Mann später der Tat überführt werden.

In Essen wurde vor zwei Jahren der Fall einer Heimleiterin bekannt, die ihre Bewohner systematisch bestohlen hatte. Die Polizei entdeckte im Büro der Frau ein umfangreiches Warenlager – finanziert vom Geld hilfloser Heimbewohner. Zwischen 1996 und Mitte 2001 hatte die Frau von dem entwendeten Geld zahlreiche TV- und Hifi-Geräte sowie jede Menge Kleidung angeschafft.

Wann die aktuellen Remscheider Vorfälle geklärt sind, will keine der zuständigen Behörden sagen. „Schnell“, sagt Oberbürgermeister Schulz, der zudem betont: „In der Zwischenzeit haben alle Mitarbeiter des Heims unser Vertrauen.“ Ein Sprecher der Wuppertaler Staatsanwaltschaft will sich nicht festlegen, wann die Ermittlungen abgeschlossen sein könnten. „Solche Fragen beantworte ich grundsätzlich nicht.“

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