: DGB-Sender funkt Privaten ins Programm
Der Sender des Deutschen Gewerkschaftsbundes bietet auf der Frequenz von Radio Köln auch marginalisierten Gruppen ein Forum. Hintergrundstücke zu allgemeinpolitischen Themen überwiegen in der Berichterstattung
KÖLN taz ■ „Alles, was kritisch ist, gehört zum Programm.“ Waltraud Brandt, Mitbegründerin des „Radioclubs Böcklerplatz“, arbeitet seit 1990 für das Kölner DGB-Radio und hatte an der Programmausrichtung ihren Anteil. Im Rahmen des Vereins „Gewerkschaften für Lokalfunk“ hatten sich Anfang der Neunzigerjahre landesweit Bürgerfunk-Arbeitsgemeinschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes gegründet. Der Anspruch lautete dabei ganz klar, eine arbeitnehmerorientierte Berichterstattung zu präsentieren und ein unabhängiges Radioprogramm auf die Beine zu stellen – für „Themen, die sonst nicht platziert werden“, so Brandt.
Es gehört zum Konzept des Senders, vor allem solchen Gruppen ein Forum zu bieten, die Diskriminierungen ausgesetzt sind oder die sich für bestimmte Zielgruppen engagieren. Mit dem technischen Know-how der Radiomacher produzieren ganz verschiedene Initiativen Beiträge, die vor allem die Perspektive der Betroffenen deutlich machen sollen. Zartbitter e.V., eine Beratungsstelle für sexuellen Missbrauch an Kindern, oder LoRe, ein Restaurant für Obdachlose, können dort ebenso Öffentlichkeit schaffen wie Migranteninitiativen.
Neben den ernsten Beiträgen gibt es auch Unterhaltung im Programm des Gewerkschaftssenders. Die Palette reicht vom Karneval bis zu Lesungen mit der Kölsch-Akademie, vom „Sozialabbau“ bis hin zu Gewalt gegen Frauen. Der Schwerpunkt liegt auf allgemeinpolitischen Themen. Leider, so Brandt, kommen dabei mitunter die gewerkschaftsspezifischen Beiträge zu kurz. Themen wie der jährliche Weltfrauentag am 8. März und der Tag der Arbeit am 1. Mai haben indes ihren festen Platz im Programm der Lokalfunker.
Anfangs hatte es immer wieder Auseinandersetzungen um versuchte Eingriffe in die Programmgestaltung durch Radio Köln gegeben, über deren Frequenz die Bürgerfunkprojekte in Köln täglich ihr Programm ausstrahlen. Die DGB-Gruppe ist jeden Samstag von 18 bis 19 Uhr an der Reihe. Eine Gruppe von derzeit zehn Gewerkschaftern zwischen 20 und 65 Jahren trifft sich regelmäßig am zweiten Mittwoch des Monats um 18 Uhr im DGB-Haus zur Planungskonferenz. Finanziert wird die Arbeit aus Kölner DGB-Geldern, alle Mitglieder der Gruppe arbeiten ehrenamtlich. Grundsatz ist: Es darf nur mitentscheiden, wer mitarbeitet.
Auch Nicht-Gewerkschaftsmitglieder dürfen mitwirken, was aber zurzeit nicht der Fall ist. Da der Radioclub Böcklerplatz aber ein Forum für interessierte BürgerInnen und Initiativen bietet, fließt auch von Nicht-Gewerkschaftern eine Menge ins Programm ein. Für Brandt ist neben der harmonischen Zusammenarbeit in der Gruppe vor allem dieser integrative Aspekt wichtig. Die Möglichkeit, gezielt Leute einzubinden und auszubilden und die Arbeit in einem offenen Team gebe den Mitarbeitern viel Befriedigung.
Ihre Kenntnisse haben sich die Radiomacher hauptsächlich durch Learning by Doing erworben. Dabei wurden in den Anfängen auch schon mal Sprechproben im Minitonstudio eines befreundeten Musikers aufgenommen. Aber auch die DGB-AG „Gewerkschaften für Lokalfunk“ bietet Weiterbildungsseminare an, in denen die Sprechausbildung und die technische Ausbildung absolviert werden können.
Produziert wird immer im Voraus, da die Bürgerfunkprojekte nicht live senden dürfen. Drei Tage vorher, so die Auflage der Landesanstalt für Medien, muss der jeweilige Beitrag bei Radio Köln eingereicht werden. Dort prüft man die Inhalte und muss sicherstellen, dass die eingereichten Sendungen beispielsweise keine Werbung enthalten.
Richtigen Ärger gab es bisher nur einmal, als McDonald‘s Anstoß an einer Sendung nahm. Das DGB-Radio hatte über die Drangsalierung der Betriebsräte durch die Fastfood-Kette berichtet. McDonald‘s habe mit rechtlichen Schritten gedroht, um die Namen der Informanten zu erfahren, sagt Brandt. Schließlich sei der Fastfood-Konzern aber mit seinen Forderungen an die DGB-Radiomacher gescheitert. „Wir haben uns auf den Informantenschutz berufen.“
RAPHAELA HÄUSER
Die taz stellt die Kölner Radiowerkstätten in loser Folge vor.